Starkoch Daniel Gottschlich: Zuhause reicht ihm ein Teller Nudeln

  • November 5, 2025

Was kocht ein Sternekoch zuhause? Daniel Gottschlich liebt nach einem langen Arbeitstag „unkompliziertes“ Essen, wie er im Interview verrät.

Daniel Gottschlich (42) setzt zuhause auf „unkompliziertes“ Essen: Meistens reiche ihm „ein einfaches Gericht – ein Teller Nudeln oder etwas Leckeres bei meiner Mutter. Damit bin ich vollkommen zufrieden“, erklärt der Sternekoch im Interview. Um außergewöhnliche Gerichte zu kreieren, setzt er dagegen unter anderem auf den französischen Wermut Noilly Prat, mit dem er jetzt seine Partnerschaft fortsetzt. Hobbyköchen verrät er zudem, welche „drei kleinen Elemente“ für fast alle herzhaften Gerichte den Unterschied machen und einen besonderen Kniff aus der Sterneküche.

Mit Ihrem Restaurant Ox & Klee feiern Sie in diesem Jahr 15-jähriges Jubiläum. Wie fühlt sich dieser Meilenstein an?

Daniel Gottschlich: Natürlich hätte ich mir vor 15 Jahren, als ich das Ox & Klee gegründet habe, nicht vorstellen können, dass das Restaurant so lange bestehen würde. Damals habe ich mir darüber ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht. Heute, an diesem Punkt angekommen, erfüllt es mich mit Stolz, diesen Weg gegangen zu sein. Zugleich wird mir bewusst, wie herausfordernd dieser Weg war – mit all den Hindernissen, Veränderungen und dem ständigen Wandel innerhalb der Branche.

Das Restaurant ist heute mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie den allerersten Stern bekommen haben – und was er für Sie bedeutet hat?

Gottschlich: Den ersten Stern haben wir im November 2015 für den Guide 2016 erhalten – völlig überraschend. Es gab damals keine große Gala, keine offizielle Übergabe. Ich habe im Auto davon erfahren, als mich ein Anruf erreichte: Man hatte unseren Namen auf einer Pressekonferenz auf einer Liste gesehen. In diesem Moment, während ich im Auto saß und den Anruf entgegennahm, kamen mir tatsächlich ein paar Tränen. Es war ein überwältigendes Gefühl.

Wenn Sie nach einem langen Arbeitstag zu Hause kochen: Gibt es dann Sterne-Niveau auf dem Teller oder darf es auch mal ganz einfach und schnell gehen?

Gottschlich: Ehrlich gesagt, gibt es bei mir zu Hause in der Regel keine Sterne-Gerichte. Nach einem langen Arbeitstag möchte ich einfach etwas unkompliziertes, gutes Essen. Man kann nicht den ganzen Tag auf höchstem Niveau kochen und dann zu Hause wieder alle Komponenten zusammenlegen. Natürlich gibt es Momente mit Freunden, Bekannten oder zu besonderen Anlässen, wo ich gerne etwas mehr aufkoche und mein Können einbringe. Aber meistens reicht mir ein einfaches Gericht – ein Teller Nudeln oder etwas Leckeres bei meiner Mutter. Damit bin ich vollkommen zufrieden.

Viele Hobbyköche wünschen sich Tipps aus der Spitzengastronomie. Welcher einfache Trick wertet jedes Gericht sofort auf?

Gottschlich: Ein ganz einfacher Tipp – er gilt nicht für Süßspeisen, aber für fast alle herzhaften Gerichte: Drei kleine Elemente machen den Unterschied. Grobes Salz oder Salzflocken, frisch gemahlener Pfeffer und Piment d’Espelette. Diese Kombination verleiht jedem Gericht sofort einen Geschmacks-Boost, intensiviert die Aromen und bringt Tiefe – ohne dabei zu scharf zu werden. Alles findet sich auch in meinem aktuellen Lieblingsgericht, der Ofen-Gewürzkarotte mit Cashewnuss-Pesto und Noilly Prat-Birnensud.

Gibt es kleine Kniffe aus der Sterneküche, die auch Laien problemlos anwenden können?

Gottschlich: Ein schöner Kniff aus der Sterneküche ist es, aus einem einzigen Gemüse verschiedene Komponenten herzustellen. Nehmen wir zum Beispiel Sellerie: Statt ihn einfach nur zu kochen und auf den Teller zu legen, kann man mehrere Zubereitungen daraus entwickeln. Kleine Würfel lassen sich frittieren, aus gekochtem Sellerie wird ein cremiges Püree, aus Staudensellerie oder Selleriegrün kann man Saft gewinnen – verfeinert etwa mit grünem Apfel. Auf diese Weise entsteht ein Teller, der nur aus Sellerie besteht, aber durch unterschiedliche Texturen und Aromen vielschichtig wirkt. Dieses Prinzip lässt sich natürlich auch auf jedes andere Gemüse übertragen und bringt sofort mehr Raffinesse auf den Teller.

Welche drei Zutaten sollten Ihrer Meinung nach in keiner Küche fehlen?

Gottschlich: Für mich sind es drei ganz wesentliche Zutaten: ein wirklich gutes Olivenöl, Butter und Lorbeer. Olivenöl ist unverzichtbar – sei es für Salate, als feines Finish oder für eine einfache Pasta. Es geht dabei vor allem um das Aroma. Butter wiederum bringt Cremigkeit, Tiefe und ist sowohl bei Gemüse als auch bei Fleisch unverzichtbar – besonders, wenn man sie bräunt. Und Lorbeer gehört für mich in jedes Schmorgericht oder in eine gute Sauce. Man nimmt ihn nicht bewusst wahr, wenn er da ist, aber man spürt sofort, wenn er fehlt.

Die Food-Welt verändert sich rasant. Welche aktuellen Trends finden Sie spannend – und welche Entwicklungen sehen Sie kritisch?

Gottschlich: Spannend finde ich die Entwicklung, dass Essen zunehmend als Erlebnis verstanden wird. Gerade im oberen Segment wünschen sich die Gäste heute mehr als „nur“ ein gutes Essen – es geht um das Gesamterlebnis, um Atmosphäre, Storytelling und Inszenierung. Kritisch sehe ich dagegen die zunehmende Spreizung der Gastronomie. Während Fine Dining immer stärker zum Gesamtkunstwerk wird und das Imbiss-Konzept auf der anderen Seite gut funktioniert, gerät das mittlere Segment unter Druck. Dort ist es besonders wichtig, die Angebote weiterzuentwickeln, kritisch zu hinterfragen und die Gäste gezielt abzuholen – sonst droht genau dieser Bereich verloren zu gehen.

Und wenn Sie selbst als Gast im Restaurant sitzen: Worauf achten Sie besonders, vielleicht sogar unbewusst als Profi?

Gottschlich: Für mich ist der Service entscheidend – und zwar nicht im Sinne von Perfektion allein, sondern in der Atmosphäre, die er schafft. Ich achte auf die Stimmung im Restaurant: Wie ist das Team aufgestellt? Wirkt es gut gelaunt, aufmerksam und authentisch – oder eher gestresst, überarbeitet und mechanisch? Dieser Spirit macht für mich den Unterschied. Denn ein wirklich rundes Restauranterlebnis entsteht nicht nur durch das Essen, sondern vor allem durch das Zusammenspiel von Service, Team und Stimmung.

Die Erfolgsserie „The Bear“ hat das Leben in einer Profiküche international ins Rampenlicht gerückt. Sind Sie ein Fan? Erkennen Sie darin Parallelen zum eigenen Alltag – oder ist die Realität in Ihrer Küche eine ganz andere?

Gottschlich: Natürlich ist eine Produktion wie „The Bear“ in vielen Teilen überspitzt – man kann sie nicht eins zu eins mit der Realität vergleichen. Sehr gut getroffen ist jedoch die Hektik und die Geräuschkulisse in einer Küche, die noch nicht funktioniert. Gerade am Anfang der Serie sieht man, wie versucht wird, Strukturen aufzubauen, Prozesse zu hinterfragen und Ordnung ins Chaos zu bringen. Dieses Gefühl, mitten im Küchenwahnsinn zu stehen, kennt jeder Koch. Beeindruckend finde ich, wie sich die Serie dann entwickelt: Mit der Zeit wird es ruhiger, konzentrierter, der Fokus schärft sich. Dazu kommt ein großartiger Cast und ein genialer Plot – deshalb bin ich durchaus ein Fan.

Sie standen bereits mit vielen TV-Köchen gemeinsam vor der Kamera. Gibt es jemanden aus der Szene, den Sie ganz besonders bewundern – und weshalb?

Gottschlich: Ich möchte mich ungern auf eine einzelne Person festlegen. Was ich aber sehr bewundere, sind diejenigen, die sowohl vor der Kamera präsent sind als auch ihre eigenen Betriebe erfolgreich führen – Köche wie Tim Mälzer, Robin Pietsch oder Nelson Müller. Sie schaffen es, die Balance zu halten zwischen den unternehmerischen und gastronomischen Pflichten einerseits und der medialen Präsenz andererseits. Beides erfordert enorme Energie und Leidenschaft – und das verdient großen Respekt.

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