
Bücher können berühren, bewegen, belehren und bestenfalls bedeutend im weiteren Verlauf des Lebens werden. Dieses Mal steht das Buch „Narzissmus, Verführung und Macht“ im Fokus.
Narzissten denken nur an sich und das eigene Bedürfnis, sind rücksichtslos und frei von Empathie: So oder so ähnlich stellt sich so manch einer einen Menschen vor, auf den diese Bezeichnung passt. Wie kann es aber sein, dass sich Narzissten oftmals in einer (wenn auch meist ungesunden) Beziehung befinden und häufig gar nicht so abstoßend sind, wie es erst einmal klingen mag? Im Gegenteil: Oftmals wirken Narzissten sogar eher anziehend – und zwar auf ganz bestimmte Personengruppen.
Welche das sind, erklärt Dr. Bärbel Wardetzki in ihrem Buch „Narzissmus, Verführung und Macht“. Die Autorin, die mich bereits mit ihrem Buch „Weiblicher Narzissmus“ überzeugt hat, verrät, dass Menschen mit narzisstischen Zügen besonders diejenigen anziehen, die über weniger offensichtliches Selbstbewusstsein verfügen und sich gern mit dem extrovertierten Charakter des Gegenübers schmücken (würden). Meist handelt es sich dabei um Menschen, die von anderen Menschen enttäuscht wurden. Sei es von den Eltern, von Partner:innen oder auch politischen Personen. Sie suchen nach jemandem, auf den sie hoffen können. Dafür bieten sich Narzissten prima an. Das Problem: Selten halten sie das, was sie versprechen oder vorgeben zu sein. Dann wird es ungesund.
Und das Prinzip kann man auf Beziehungen adaptieren, aber auch auf andere Lebensbereiche. Warum so viele Menschen Donald Trump zum Präsidenten wählten, erscheint vielen von uns erst einmal völlig unverständlich. Wardetzki erklärt aber sehr verständlich, wie es dazu kommen kann – und wie es dann wiederum passieren kann, dass Narzissten mit ihrer ungesunden Art gegen die Wand fahren. Besonders am Beispiel Trump, das sich durch das gesamte Buch zieht, erkennt man das Vorgehen eines Narzissten. Im direkten Vergleich zu Menschen in gleicher Position (beispielsweise Obama, der im Buch ebenfalls vorkommt) erklärt die Autorin sehr verständlich, wann narzisstische Züge gesund und gut sind und wann sie zum Problem werden.
Dabei bezieht sich die Diplom-Psychologin vor allem auf den männlichen Narzissmus, der ganz anders verläuft als der weibliche. Dass es dabei nicht immer Männer sind, bei denen diese Persönlichkeitsstörung vorkommt, macht Wardetzki ebenso deutlich wie den Grund dafür, warum sie das Wort „Narzisst“ lieber meidet.
Bedeutende Bücher: Darum zählt „Narzissmus, Verführung und Macht“ dazu
Und eben weil das Phänomen von Menschen mit narzisstischen Prägungen und ihren Bewunderer:innen überall vorkommen kann, ist es so wichtig, ihr Buch zu lesen. Um sich vielleicht zu ertappen, ob man selbst auf einen hereinfallen würde. Ob man selbst Defizite hat, die man über ihn zu füllen wissen möchte. Oder auch nur, um narzisstische Menschen in Machtpositionen entlarven zu können und zu wissen, wie man mit ihnen umgehen sollte. Denn auch Menschen mit narzisstischen Zügen haben Schwächen und starke Defizite, die sie mit ihrer Art kompensieren möchten. Auch das macht Bärbel Wardetzki deutlich.
Wie bei vielen Beziehungen im Leben geht es am Ende darum, seinen Gegenüber und sich selbst zu verstehen und die Motivation für das eigene Handeln – sei es beim Wählen, in Beziehungen oder Freundschaften – zu erkennen und gesund zu gestalten. Ein weiteres Buch, das dabei hilft, den Horizont zu erweitern und das Miteinander zu verbessern. Und damit ein bedeutendes Buch.
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