
Eine Frau wird in Schackendorf getötet, ihr Partner lebensgefährlich verletzt. Er stirbt Monate später. Nun hat der Prozess gegen den Ex-Partner begonnen. Wie es zu der Tragödie kam.
Das schreckliche Geschehen in Schackendorf (Kreis Segeberg) Mitte November dauert ganze zwei Minuten. In dieser Zeit soll der Ex-Partner einer 51-Jährigen insgesamt 14 Messerstiche und ihrem neuen Lebensgefährten 7 Messerstiche zugefügt haben. Der 53 Jahre alte Angeklagte hatte dem Paar um 5.48 Uhr vor dem Haus aufgelauert, als beide mit Hunden Gassi gehen wollten. Seit Mittwoch muss sich der Mann aus Wahlstedt deshalb wegen zweifachen Mordes vor dem Landgericht Kiel verantworten.
Am ersten Verhandlungstag schwieg der Mann. Sein Mandat werde sich zunächst weder zur Person noch zur Sache einlassen, erklärte sein Verteidiger Andreas Meyer. Die Staatsanwaltschaft sieht die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe als erfüllt an. Verantworten muss sich der Deutsche auch wegen eines Falls häuslicher Gewalt, Freiheitsberaubung und eines Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft machte der Angeklagte den neuen Partner der Frau für das Ende der eigenen Beziehung zu dem Opfer wenige Monate vor der Tat verantwortlich. „Er akzeptierte nicht, dass diese sich einem neuen Mann zugewandt hatte“, sagte Staatsanwältin Ulrike Nützelmann.
Ortungsgerät installiert
Um sicherzugehen, dass am Tattag auch der neue Freund bei seiner Ex-Partnerin ist, installierte er eine Woche vorher ein Ortungsgerät an dessen Wagen. Am 16. November wartete der Angeklagte vor dem Wohnhaus seiner ehemaligen Lebensgefährtin auf das Paar, wie Nützelmann sagte.
Als beide das Haus verließen, griff der Angeklagte zunächst die Frau an und stach mit einem Messer mit zehn Zentimeter langer Klinge mehrfach in Hals und Brust, sagte Staatsanwältin Nützelmann. Nach ihr griff der Angeklagte den ebenfalls überraschten Mann an.
Besonders perfide: Nachdem der Mann mehrfach auf die Frau und den Mann eingestochen hatte, soll zurück zur Frau gegangen sein, um ihr weitere Stiche zu versetzen, um auf Nummer sicher zu gehen. Dann tat er dies auch bei dem Mann. Die Frau starb bereits kurz nach der Tat im Krankenhaus. Der 45-Jährige wurde reanimiert, überlebte dank einer Not-Operation zunächst und war danach querschnittsgelähmt. Er starb jedoch im März.
Um 5.50 Uhr floh der Angeklagte vom Tatort. Gut eine Stunde später stellte er sich im Polizeirevier Bad Segeberg. Zu dieser Zeit war nur ein Beamter dort. „Ich habe erkannt, dass die Hände blutverschmiert waren“, sagte der Polizist vor dem Landgericht aus. Auf Ansprache habe er seinen Namen gesagt und geäußert: „Ich möchte mich stellen. Ich habe gerade jemanden umgebracht.“ Diese Sätze hätten sich eingebrannt. „So einen Fall hat man auch nicht jeden Tag.“
Ein anderer Beamter berichtete vor Gericht von seinen Eindrücken beim Eintreffen am Tatort nur kurze Zeit nach der Tat. Er habe sich um den am Boden liegenden Mann gekümmert und sofort eine blutverschmierte Wunde entdeckt, sagte der Beamte. „Der Mann stöhnte vor Schmerzen.“ Er habe gebeten, sich um seine Freundin Silke zu kümmern. Diese lag wenige Meter von ihm entfernt zwischen zwei Autos.
Der Mann habe die ganze Zeit über geschrien und berichtet, dass es der Ex-Freund seiner Partnerin gewesen sei, sagte der Beamte aus. Zum Tathergang selbst habe er keine Angaben machen können. Der Polizist machte Wunden im Bauch, in der Brust und im Nacken aus. Hinter dem Opfer fand er ein blutverschmiertes Messer.
Die Vorgeschichte
Der Angeklagte und sein Opfer hatten sich im Juli vergangenen Jahres getrennt. Wenige Wochen später drang der Mann in die Wohnung seiner Ex ein und zwang deren 16 Jahre alte Tochter und eine Freundin unter der Androhung von Gewalt, sich mit Panzertape gegenseitig an Stühle zu fesseln. Er hatte laut Anklage ein Buch über Suizid dabei und berichtete den Jugendlichen davon, bereits Vorbereitungen angestellt zu haben. Mit dem Handy der Tochter schickte er eine Nachricht an die Mutter.
Nach ihrem Eintreffen und Erkenntnis der Lage versuchte die Mutter, am Dachfenster Hilfe zu rufen. Mit einer Eisenstange habe der Angeklagte ihr daraufhin zweimal an den Hinterkopf geschlagen, sagte die Staatsanwältin. Im Zuge dessen sei die Frau zu Boden gegangen und habe Todesangst verspürt. Erst nachdem sie dem Angeklagten vorgemacht habe, wieder zusammenkommen zu können, habe sich dieser beruhigt und die Wohnung verlassen.
Der Fall Schackendorf beschäftigte Ende 2024 auch den Innen- und Rechtsausschuss des Landtags. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) erklärte dort damals, dass die Polizei zunächst keine dringende Gefahr angenommen habe. „Das mag im Rückblick mit dem Wissen von heute nicht richtig erscheinen.“
Der Prozess wird am Freitag mit der Befragung weiterer Polizisten fortgesetzt. Ein Urteil könnte am 19. September fallen.