Serie: Gefühlt gestern: „Detektiv Conan“: Grundschulkids und brutale Morde am Nachmittag

  • Juni 27, 2025

Ein kleiner Junge, der rätselhafte Mordfälle löst: „Detektiv Conan“ begeisterte unseren Autoren als Kind zwar – bescherte ihm aber auch Albträume. Seine Erinnerungen an die populäre Anime-Serie. 

Früher war nicht alles besser. Manche Dinge waren sogar ziemlich schräg. Aber Nostalgie ist eine seltsame Sache: Mit genügend Abstand verursachen einem Phänomene, die man damals bitterernst nahm und anschließend lange völlig egal fand, plötzlich ein wohlig-warmes Gefühl im Bauch, wenn man an sie denkt. Diese Kolumne soll einen liebevollen, aber prüfenden Blick auf die Vergangenheit werfen. Was war so cool, dass man ihm mit Recht nachtrauern darf? Und was ist in den Untiefen der Geschichte eigentlich ganz gut aufgehoben?

Ein gewöhnlicher Tag, Anfang der 2000er: Die Grundschule ist aus, das Mittagessen verputzt und die Hausaufgaben … nun ja, mehr oder weniger sorgfältig erledigt. Und ich war bereit für das, was wirklich zählte: Nachmittagsfernsehen! Mit der Fernbedienung in der Hand wartete ich gespannt auf mein Highlight: „Detektiv Conan“ – eine Anime-Serie aus Japan, die mich und meine Schulfreunde sogar dazu inspirierte, selbst Verbrechen aufzuklären (oder zumindest so zu tun). 

Worum geht’s? Der Oberstufenschüler und Detektiv Shin’ichi Kudo löst mühelos Mordfälle und lässt die japanische Polizei dabei alt aussehen. Sein größtes Vorbild, na klar, wer sonst: Sherlock Holmes. 

Eines Tages verabreichen ihm zwei Männer in schwarzer Kleidungein Gift, das ihn töten soll. Doch stattdessen schrumpft der Teenager auf die Größe eines Grundschülers. Unter dem Decknamen Conan Edogawa versteckt er sich seitdem bei seiner Freundin Ran und ihrem Vater, dem erfolglosen, oft betrunkenen und frauenverrückten Privatdetektiv Kogoro Mori. Conan Trailer

Grafische Gewalt und Horrorszenen als Kinderprogramm?

In seinem neuen Körper will Shin’ichi den „Männern in Schwarz“ das Handwerk legen. In der Zwischenzeit löst er zahlreiche Mordfälle, in die er, Ran und Kogoro verwickelt werden. Kogoro betäubt er dazu mit einem „Narkosechronometer“ und imitiert dessen Stimme mit einem Verzerrer, um seine Tarnung zu wahren. Gelegentlich löst Conan mit seinen Freunden – den „Detective Boys“ – ebenfalls Fälle.

Eine spannende Handlung, fand ich damals, als ich die Serie erstmals im Nachmittagsprogramm von RTL 2 entdeckte. Zeichentrick, ein cooler Junge, mit dem ich mich identifizieren konnte, und ein trotteliger Privatdetektiv, über den ich mich mit meinen sieben oder acht Jahren schlapp lachte. Alles Zutaten, die mich und meine Freunde vor den Fernseher fesselten. Auf dem Schulhof diskutierten wir aufgeregt über die letzte Folge und spekulierten über die möglichen Täter, als wären wir die nächsten großen Kriminalisten.

Doch was ich meinen gleichaltrigen Freunden gegenüber nicht zugeben wollte: Die vermeintliche Kinderserie machte mir auch eine Heidenangst. Sie zeigte brutale Morde und gruselige Gestalten: Ein Opfer wird in der Achterbahn enthauptet, ein Mumien-Mann zerstückelt eine Frau, ein Frauenmörder auf Jagd im Wald und ein Bibliothekar, der die „Detective Boys“ kaltmachen will. Nicht weniger angsteinflößend waren die entstellten Fratzen der Opfer mit ihren weit aufgerissenen Augen und Mündern. Das schlimmste Verbrechen war für mich bis dato das Klauen von Bonbons gewesen – da war der Schritt zu diesen Zeichentrick-Morden ein großer.

„Detektiv Conan“ bescherte mir schlaflose Nächte

Warum RTL 2 das im Nachmittagsprogramm zeigte, bleibt mir ein Rätsel. Vermutlich dachte man sich: Zeichentrick mit kleinen Kindern als Hauptfiguren – das gucken die Kids sicher gerne! Stimmte ja auch. Nur gab es Nächte, in denen ich fürchtete, dass einer dieser Mörder in mein Zimmer kommen und mich ebenfalls zerschnetzeln würde – dank der Horrorbilder der Serie. Dennoch guckte ich „Conan“ weiter. Vielleicht, weil der Detektiv die Bösen, vor denen ich mich fürchtete, am Ende ja immer überführte. Oder einfach auch, um auf dem Schulhof mitreden zu können.

Heute, mehr als 20 Jahre später, habe ich eine Faszination für Horrorfilme entwickelt. Vielleicht hat mich ja „Detektiv Conan“ auf den Geschmack gebracht, wer weiß. Deshalb bin ich dem kleinen „Westentaschen-Sherlock-Holmes“, wie er in der Serie von Kogoro geschimpft wird, treu geblieben.

Und anscheinend nicht nur ich, denn „Conan“ läuft nicht nur auf Streamingplattformen, sondern immer noch analog im guten alten Fernsehen. Zwar nicht mehr bei RTL 2 und glücklicherweise inzwischen im Vorabendprogramm, aber die alten Folgen aus den 1990ern und 2000ern fesseln mich noch immer. Und sie wecken das Gefühl dieser unbeschwerten Zeit, als ich als Kind nach der Schule, gespannt wie ein Bettlaken, auf eine neue Folge wartete.

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