
Oberbayern gilt als Land des Bieres. Aber wie lange noch? Wird Oberbayern zum deutschen Whisky-Zentrum?
Die Parallelen liegen eigentlich auf der Hand: Berge, klare Seen – und eigensinnige Einheimische mit eigenwilligem Dialekt in kniefreier Tracht. Schottland und Oberbayern haben so einiges gemeinsam und das gilt inzwischen auch für ein spezielles Getränk: den Whisky.
Denn die als deutsche Pioniere geltenden Whiskymacher der Destillerie Slyrs am Schliersee rüsten auf. Heute eröffnen sie ihre neue Brennerei, die – wenn sie irgendwann voll ausgelastet ist – das Vier- bis Fünffache dessen ausspucken kann, was dort derzeit an Whisky produziert wird. „Wir müssen jetzt für die steigende Nachfrage vorsorgen“, sagt Hans Kemenater, Geschäftsführer und Produktionsleiter bei Slyrs.
Von 70.000 auf bis zu 400.000 Liter
Denn das mit dem Whisky dauert. Erst wenn er drei Jahre im Fass gelagert ist, darf er sich überhaupt Whisky nennen. 18 Jahre alt ist der älteste Whisky, den Slyrs im Programm hat.
Derzeit werden dort nach Angaben Kemenaters insgesamt rund 70.000 Liter Alkohol pro Jahr produziert, künftig sollen es 150.000 bis 200.000 sein. Möglich wären mit der neuen Anlage sogar 400.000. „Hier in Bayern sind ja alle Rohstoffe da: Gerste, reinstes Quellwasser, das sind ja schonmal die Grundzutaten“, sagt er.
Auch zweite Whisky-Destillerie in Bayern
Slyrs ist eines der wenigen Unternehmen in Deutschland, die sich ausschließlich auf Whisky konzentrieren. „Zum Glück ist Whisky nicht so ein Trendthema wie Gin – allein schon, weil es so lange dauert“, sagt die Vorsitzende des 2012 gegründeten Verbandes deutscher Whiskybrenner, Michaela Habbel.
Rund 300 Betriebe gebe es in Deutschland, die Whisky produzieren, die meisten seien aber Brauereien oder Brennereien, die ihn als ein Nebenprodukt im Programm haben. Neben Slyrs – 1999 als erste Whisky-Brennerei in Deutschland gegründet – fällt ihr nur noch die Destillerie St. Kilian in Rüdenau in Unterfranken ein, die sich komplett auf Whisky aus Deutschland spezialisiert hat.
Die Whiskymacher von Slyrs sind für Habbel Pioniere. „Die haben sich auch in der Vergangenheit was getraut. Damals ist das ganze Thema noch belächelt worden.“
Experte schmeckt „Lieblichkeit“ der Voralpenlandschaft
Wolfgang Rothe, katholischer Pfarrer und Whisky-Experte, der sich unter anderem mit seinen Whisky-Gottesdiensten einen Namen gemacht hat, schmeckt im Slyrs-Whisky die „Lieblichkeit der oberbayerischen Voralpenlandschaft“ und die „Großartigkeit des Mangfallgebirges“.
Insgesamt ist deutscher Whisky nach Einschätzung von Verbandspräsidentin Habbel nach wie vor Handarbeit – und darum im weltweiten Vergleich noch relativ teuer. Das Interesse in anderen Ländern, vor allem aus dem asiatischen Raum, sei aber durchaus vorhanden und Export in den kommenden Jahren durchaus ein Thema.
„Derzeit gibt es in der Nachfrage eine kleine Delle, die aber weit von einer Krise oder gar einem Niedergang entfernt ist“, sagt Whisky-Experte Rothe über den Konsum in Deutschland. „Diese Delle geht nicht nur, aber auch darauf zurück, dass manche Unternehmen den Whiskymarkt mit konturloser Massenware überschwemmt haben. Dieser Trend ist mittlerweile aber schon wieder gebrochen: Es wird wieder mehr auf Qualität und Individualität gelegt.“
Whisky-Zentrum Oberbayern?
Für ihn ist klar: „Oberbayern ist ein deutsches Whisky-Zentrum“. Dazu passt auch, dass der „Whisky Guide Deutschland“ erst kürzlich eine oberbayerische Bar zur besten Whisky-Bar der Republik erklärt hat: die „Xaver Lounge & Whisky Bar“ in Peiting.
Ganz so weit würde Verbandschefin Habbel nicht gehen. Sie sieht beispielsweise auch die Schwäbische Alb ziemlich weit vorne, zumindest bis zum Mai kommenden Jahres. Dann soll am Schliersee das Whisky-Festival ihres Verbandes stattfinden. Und spätestens dann, am 8. und 9. Mai 2026, sei Oberbayern „das Mekka des deutschen Whiskys“.