Wut auf Straßenarbeiter: Aus dem Weg! – Pöbeleien gegen Straßenarbeiter nehmen zu

  • April 23, 2025

„Spinnst du?“, „Aus dem Weg!“ und auch mal ein Faustschlag – sind das Einzelfälle oder ist es ein unguter Trend? Pöbeleien gegen Mitarbeiter an Straßenbaustellen oder Grünflächen nehmen zu.

Auf der einen Seite rauschen Autos und Fahrradfahrer vorbei, auf der anderen Seite sind Fußgänger. Dazwischen auf einem breiten Grünstreifen: Klaus Flamm, Mitarbeiter im Freiburger Garten- und Tiefbauamt, auf seinem Mäher. Sein Job macht ihm Freude – aber das Benehmen von Verkehrsteilnehmern immer öfter nicht.

„Die Menschen werden immer ungeduldiger“, sagt er. Er berichtet von zum Teil harten Verbalattacken, übrigens auch von Fußgängern – weil sich viele gestört und behindert fühlen von notwendigen Arbeiten auf Straßen und Grünflächen. Er sei schon als Nazi beschimpft worden, auch das A-Wort sei gefallen. Früher gab es das zwar auch. „Aber in dieser Härte ist das neu.“

Tatsächlich gehört zum guten Ton mittlerweile auch ganz offenbar der schlechte: Menschen, die im Auftrag von Städten Garten- oder Bauarbeiten entlang von Straßen oder Radwegen verrichten, werden allzu oft Ziel von Beschimpfungen und Pöbeleien. Manche Verkehrsteilnehmer werden sogar handgreiflich, berichtet Frank Uekermann, Leiter des Garten- und Tiefbauamtes Freiburg.

Aggressionen nehmen seit Jahren zu

„Ein bisschen niederschwellige Aggressionen gab es schon immer“, sagt er. „Das hat aber in den letzten drei bis vier Jahren deutlich zugenommen.“ Die Hemmschwelle sei erheblich gesunken. „Aggressive Menschen zeigen uns den Mittelfinger, fluchen oder spucken – Gott sei Dank nicht ganz so treffsicher – aus dem Auto auf meine Mitarbeiter.“ Radfahrer seien dabei ähnlich aggressiv wie Autofahrer.

Auch aus Karlsruhe wird eine generell ansteigende Ungeduld und Unzufriedenheit der Bürgerschaft mit Baustellen verzeichnet. „Dies drückt sich durchaus auch durch verbale Beschimpfungen, oft mit emotionalem Charakter, sowie der Androhung körperlicher Gewalt aus“, berichtet eine Stadtsprecherin.

Verständnis für Baumaßnahmen nimmt merklich ab

Mindestens einmal die Woche seien Mitarbeitende der Straßenmeistereien im Enzkreis mit Pöbeleien konfrontiert, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes. Meist seien die Arbeiter von den Aggressionen überrumpelt und es bleibe keine Zeit, etwa das Nummernschild zu notieren. Auch komme es vielfach zu „Beinahe-Unfällen“, weil Fahrer an einer Baustelle nicht langsamer würden, sondern versuchten, sich an Baustellen vorbeizudrücken.

„Das Verständnis für notwendige Baumaßnahmen hat merklich abgenommen“, heißt es aus dem Landratsamt Rastatt. Die Ursachen für dieses Verhalten sähen die Kollegen vor Ort vor allem in den persönlichen Befindlichkeiten der Verkehrsteilnehmer: „Stress, Zeitdruck und höchst individuelle Frustrationstoleranzen“, sagte ein Sprecher der Behörde.

Aus Stuttgart verlautet ebenfalls, dass Aggressivität und Übergriffe zunehmen. „Es kommt dabei vereinzelt auch zu körperlichen Übergriffen“, sagt ein Sprecher der Landeshauptstadt. Betroffene könnten Unterstützung von geschultem Personal in Anspruch nehmen.

Was so alles passiert und was man dagegen tun kann

In der Regel versuchen Mitarbeiter, die Situation zu deeskalieren oder einfach tief durchzuatmen, wie Uekermann sagt. Das fällt aber nicht immer auf fruchtbaren Boden. In Freiburg sei vor einiger Zeit ein Mitarbeiter von einem genervten Radfahrer mit einem Faustschlag attackiert worden. Im Kreis Heilbronn habe einmal ein Autofahrer mit seinem Wagen einen der Mähzüge blockiert, heißt es aus dem zuständigen Landratsamt.

In Freiburg werden Arbeiten an Rasenstreifen oder auf Baustellen an der Straße auf Randzeiten verlegt. Also möglichst jenseits der Rushhour oder sogar nachts, sagt Uekermann. Klaus Flamm ist inzwischen gerne zu zweit unterwegs, vor allem an bestimmten „Brennpunktstellen“, wo besonders viel Verkehr herrscht und Stress vorprogrammiert ist.

Verkehrsminister Hermann: Pöbeleien inakzeptabel

Zahlen zu aggressiven Handlungen oder gar Straftaten gegen Mitarbeiter auf Baustellen gibt es laut Verkehrsministerium zwar nicht. „Wir nehmen das Thema ernst“, sagt ein Sprecher. So würden beispielsweise im landeseigenen Aus- und Fortbildungszentrum der Straßenbauverwaltung in Nagold angehende Straßenwärterinnen und Straßenwärter gezielt auf mögliche Konfliktsituationen vorbereitet und darin geschult, angemessen und sachgerecht zu reagieren.

„Ohne Unterhaltungs- und Sanierungsarbeiten rollt kein Auto und kein Laster auf Dauer. Das sollte eigentlich jedem einleuchten“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). „Persönliche Drohungen gegenüber den Beschäftigten sind deshalb völlig daneben.“ Der Job von Straßenwärtern sei anstrengend und nicht ungefährlich und verdiene Respekt. 

Uekermanns Mitarbeiter sind zum Teil resigniert und frustriert angesichts der Aggressivität. Etwa dreimal pro Woche gebe es inzwischen solche Vorfälle. „Die herrschende Rohheit vieler Verkehrsteilnehmer ist schwer nachvollziehbar. Wir machen ja nur unsere Arbeit.“ Er plant nun Schulungen mit externer Hilfe, um seine Mitarbeiter zu wappnen im Umgang mit Pöblern. „Das ist ein Thema, das wir jetzt angehen müssen.“

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