
Trump ist auch bei Winzern derzeit in aller Munde. Warum das weltpolitische Geschehen vor allem an der Mosel besonders beäugt wird.
Wie hoch fallen die US-Strafzölle auf deutsche Weine aus? Diese Frage treibt derzeit Winzer im Anbaugebiet Mosel um wie keine andere. „Es ist eine zermürbende Unsicherheit“, sagt Winzer Florian Lauer aus Ayl an der Saar. Bleibt es bei den aktuell zehn Prozent, die bei der Einfuhr in die USA anfallen? Werden es 20 oder 25 Prozent? Oder doch 0 Prozent?
Mit Spannung schauen die Winzer auf den 1. August. Das ist das neue Datum, das US-Präsident Donald Trump für die Zölle angekündigt hat. Drei Monate waren sie ausgesetzt gewesen: Eigentlich war die Frist am 9. Juli ausgelaufen. Die EU-Kommission verhandelt schon länger mit Washington im Zollstreit – der Ausgang ist nach wie vor offen.
Die Unsicherheit bremst Lauers US-Exportgeschäft aus. „Wir sitzen auf glühenden Kohlen“, sagt er. Er habe einen Keller voll Wein, der in die USA gehen solle. Der Importeur habe den Transport auf Eis gelegt: „Man hat die ganze Zeit Angst, dass während die Ware auf dem Wasser ist, der Zoll erhoben wird“, sagt der Winzer, der Mitglied im Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) ist.
„Bei 25 Prozent verdienen wir nichts mehr“
Rund 30 Prozent seiner Weine gehen in die USA. „Das sind etwa 30.000 Flaschen.“ Wenn jetzt Zölle in Höhe von 25 Prozent kämen? „Dann wäre das ein herber Schlag für uns. Dann verdienen wir nichts mehr. Dann ist die Marge futsch“, sagt er. Die aktuellen 10 Prozent würden noch geradeso „zähneknirschend“ gehen. Lauer importiert noch in 16 weitere Länder. „Aber die USA ist unser wichtigster Markt.“
Er hoffe, dass die dreimonatige Frist zur Zollerhebung erneut um zwei oder drei Monate verlängert werde. Davon gingen Importeure in den USA auch aus, weil die Verhandlungen mit der EU noch nicht beendet seien, sagt Lauer.
Das Anbaugebiet Mosel wird von US-Strafzöllen auf Weine besonders getroffen. Mit rund 6,3 Millionen Litern kommen fast die Hälfte aller deutschen Weine (13 Millionen Liter), die in die USA gehen, von der Mosel, wie der Leiter Weinwirtschaft der Industrie- und Handelskammer Trier, Albrecht Ehses, sagt. Die USA seien für die Moselwinzer der bedeutendste Auslandsmarkt.
Wein spielt bei Verhandlungen „eine Sonderrolle“
Der Wein dürfe bei den Verhandlungen zwischen der EU und Trump „nicht unter die Räder kommen“, sagt Winzer Johannes Selbach in Zeltingen-Rachtig an der Mosel. Es gebe eine starke Lobby in den USA gegen Zölle auf Weine aus Europa. Das liege am sogenannten Three-Tier-System (Drei-Stufen-System) in den USA, ein gesetzlich vorgeschriebenes Vertriebsmodell für alkoholische Getränke.
Es besteht aus drei Stufen – Importeur, Großhändler und Einzelhändler – und sorge dafür, dass der Produktpreis auf dem Weg zum Kunden mehrfach steige – und somit viele daran verdienten. „Bei Wein liegt die Wertschöpfung zu mehr als 75 Prozent bei den Amerikanern“, sagt Selbach vom Weingut Selbach-Oster, der dem Verband Deutscher Weinexporteure angehört.
Aktuell stehen wohl 17 Prozent im Raum
Heißt also: Wenn die USA beim Wein einen Zoll drauflegen, dann ärgern sich nicht nur die Lieferanten in der EU, sondern die gesamte Weinwirtschaft in den USA. „Deshalb spielt der Wein bei den Verhandlungen eine Sonderrolle.“ Darüber müsse man eigentlich nicht lange verhandeln, meint Selbach. Nach seinen Informationen sei aber in den EU-Verhandlungen der Wein gerade aus dem Paket vom Tisch genommen worden. „Das ist fatal, er muss zurück.“
Sonst stehen derzeit Zölle von 17 Prozent im Raum. „Das tut weh und wie das weh tut.“ Mit 10 Prozent könnte man schlimmstenfalls leben: „Aber auch das ist schlecht.“ Zuvor war er davon ausgegangen, dass – wenn man klug verhandele – für den Wein am Ende eine 0 stehen könnte.
Selbach exportiert einen großen Teil seines Weins in die USA. Hinzu kommen noch rund 40 Betriebe, für die er den Export übernimmt. Anders als bei Winzer Lauer läuft sein Exportgeschäft aktuell weiter. „Wir haben viel verladen. Und wir warten jetzt in der nächsten Woche auf neue Aufträge.“ Die Unsicherheit sei natürlich weiter belastend. „Wir leben alle quasi von der Hand in den Mund.“
Ab 30 Prozent würden Weine nahezu unverkäuflich
„Bei einem zehnprozentigen Strafzoll kämen wir vielleicht noch mit einem blauen Auge davon“, sagt VDP-Mitglied Ernst Loosen von der Mittelmosel. „30, 40 Prozent oder mehr würde importierte Weine nahezu unverkäuflich machen.“
Der Strafzoll von 25 Prozent in Trumps erster Amtszeit habe schon erhebliche Auswirkungen auf den Verkauf der Weine in den USA gehabt, da sich die Preise für die Verbraucher um 50 Prozent erhöht hätten, berichtet Loosen. „Diese gewaltigen Preissprünge hatten enorme Auswirkungen auf den Abverkauf der Weine.“
Gerade in dem amerikanischen Drei-Stufen-System führe jede zusätzliche Belastung zu ohnehin schon hohen Preisen, sagt Lara Haag vom VDP-Weingut Schloss Lieser laut Verband. „Weitere Strafzölle würden den Absatz massiv beeinträchtigen. In einem bereits stark umkämpften Markt riskiert man dadurch Marktanteile zu verlieren – das würde uns, wie viele andere exportorientierte Weingüter auch, deutlich treffen.“
VDP: Die Zölle treffen alle Mitgliedsbetriebe
„Die Zölle treffen alle unsere Mitgliedsbetriebe – ob kleine Familienweingüter oder größere Erzeugerbetriebe –, die über Jahre hinweg enge Beziehungen zum US-Markt aufgebaut haben“, sagt Theresa Olkus vom VDP. Gleichzeitig schränkten sie auch die Vielfalt und Verfügbarkeit deutscher Spitzenweine für amerikanische Importeure, Gastronomen und Händler deutlich ein. „Es entsteht Schaden in beide Richtungen.“