Bundesverfassungsgericht: Union sieht keinen Zeitdruck im Streit um Richterwahl

  • Juli 14, 2025

Drei Tage nach der geplatzten Wahl neuer Verfassungsrichter bleibt unklar, wie Union und SPD aus ihrem Streit herauskommen. Hinter den Kulissen laufen Gespräche.

Im Koalitionsstreit um neue Verfassungsrichter scheint die Lage festgefahren. Auch drei Tage nach der geplatzten Richterwahl im Bundestag zeichnet sich keine Lösung ab. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hätten „sehr ausführlich“ zu einer Reihe von Themen telefoniert, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit. Ergebnisse wurde aber nicht kommuniziert.

Am Freitag waren die Wahlen zweier neuer Richterinnen und eines Richters für Karlsruhe kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags abgesetzt worden. Der Druck gegen die von der SPD vorgeschlagenen Potsdamer Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf war in der Union zu groß geworden. Die Fraktionsführung konnte die mit dem Koalitionspartner verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren.

Regierung sieht Fraktionen am Zug

CDU und CSU sehen in der Sache nun keinen Zeitdruck. Kornelius bekräftigte Äußerungen des Kanzlers vom Vortag, dass es mit einer Lösung nicht eile. Er zeigte sich zuversichtlich, „dass die zuständigen Ebenen, in diesem Fall die Fraktionen, sich dieser Sache nun annehmen werden“. Der Bundesregierung stehe es gut an, die Angelegenheit „etwas zu entdramatisieren“. 

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Steffen Bilger (CDU), sagte der dpa, das Bundesverfassungsgericht sei voll arbeitsfähig. Das weitere Verfahren werde intern und in der Koalition beraten. „Wir nehmen uns jetzt die Zeit, die nötig ist. Es ist sicherlich nicht hilfreich, die Debatte weiter aufzuheizen.“

Bis zu einem neuen Wahlversuch im Bundestag dürfte es mindestens acht Wochen dauern. Denn nach Informationen der „Rheinischen Post“ lehnt die Union eine Sondersitzung des Parlaments ab – und die nächste reguläre Sitzung ist wegen der Sommerpause erst in der zweiten Septemberwoche.

SPD spricht von Vertrauensverlust

Die SPD hat vorgeschlagen, dass die Union Brosius-Gersdorf bis dahin persönlich trifft und anhört. „Die konstruierten Diffamierungen in der von rechten Nachrichtenportalen begonnenen Kampagne werden sich dann in Luft auflösen“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese der „Rheinischen Post“. 

Im „Berlin Playbook Podcast“ von „Politico“ warf Wiese Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) wegen der geplatzten Wahl einen Vertrauensverlust vor. „Wenn wir eine Zusage bekommen, dass Richterinnen-Vorschläge für das Bundesverfassungsgericht eine Mehrheit bekommen und dann am Ende letztendlich Jens Spahn zurückrudern muss, dann ist das schon in gewisser Weise ein Vertrauensverlust.“ 

Söder legt Austausch der Kandidatin nahe

CSU-Chef Markus Söder dagegen sieht die SPD am Zug. Er legte dem Koalitionspartner einen Austausch der Kandidatin nahe. „Auf der umstrittenen Kandidatur liegt und lag kein Segen“, sagte er. Deswegen sei sein Rat: „Nicht mit dem Kopf durch die Wand.“ Die SPD solle „noch mal nachdenken und im Herbst einen zweiten Vorschlag präsentieren, der vielleicht besser geeignet ist“. Das müsse allerdings die SPD selber entscheiden und überlegen. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte zuletzt bereits angekündigt: „Wir halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit steht.“

Auch rund 300 Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler stärkten Brosius-Gersdorf den Rücken und kritisierten in einem offenen Brief, über den das Rechtsmagazin „Legal Tribune Online“ zuerst berichtete, den Umgang mit ihr. An der fachlichen Qualifikation der Kandidatin gebe es keine Zweifel, erklärten die Juristen. Sie sprachen von „fehlendem politischem Rückgrat und mangelnder interner Vorbereitung“. Brosius-Gersdorf sei von den verantwortlichen Personen und Institutionen nicht vor Herabwürdigung geschützt worden, der Vorfall könne auch das Bundesverfassungsgericht beschädigen.

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