morgen|stern: Wolfgang Grupp verdient unseren Respekt. Die Lage am Morgen

  • Juli 18, 2025

Warum Wolfgang Grupp trotz seiner Depressionen stark ist, Tod eines Extremsportlers und: Braucht die Koalition einen Neustart, Herr Söder? Das ist heute wichtig.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Heute beginne ich den morgenstern nicht mit Politik. Ich will hier an dieser Stelle stattdessen über ein wichtiges Thema schreiben, dass in Deutschlandfast zehn Millionen Menschen betrifft: Depressionen. Eine stille Epidemie, die oft im Verborgenen liegt.

Warum Wolfgang Grupp trotz seiner Depressionen stark ist

Zu den Betroffenen zählt auch Wolfgang Grupp, der landesweit bekannte Textilunternehmer und ehemalige Trigema-Chef. Als ehrgeiziger, schillernder, harter, ja auch provokanter Firmenpatriarch machte er von sich reden. Nun sorgte er wieder für Schlagzeilen – mit einem Suizidversuch.

„Ich bin im 84. Lebensjahr und leide an sogenannten Altersdepressionen. Da macht man sich auch Gedanken darüber, ob man überhaupt noch gebraucht wird. Ich habe deswegen auch versucht, mein Leben zu beenden“, schrieb der ehemaliger Familienunternehmer in einem Brief. Ihm gehe es den Umständen entsprechend gut, aber es könne länger dauern, bis er wieder ganz gesund sei. „Ich bedauere sehr, was geschehen ist und würde es gerne ungeschehen machen.“

Diese Worte erschüttern. Sie zeigen, dass selbst als erfolgreich wahrgenommene Menschen in tiefe Abgründe fallen können. Vor allem aber machen sie eines deutlich: Depressionen können jeden treffen. Senioren, Teenager, auch Kinder, Arme wie Reiche. Sie können mich treffen, sie können Sie treffen. Manchmal schleichen sie still und leise in unser Leben. Manchmal schlagen sie ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

Depressionen sind eine Volkskrankheit. 45 Prozent der Menschen in Deutschland sind direkt oder als Angehörige betroffen. In den letzten Jahren haben öffentliche Bekenntnisse von Prominenten auch mit dazu beigetragen, das Thema weniger zu tabuisieren. Doch trotz aller Fortschritte begegnen Menschen mit Depressionen noch immer Vorurteilen. Oft wird geglaubt, dass sie sich ihre Krankheit einbilden, dass sie keinen Grund zur Traurigkeit haben oder dass es sich um eine Charakterschwäche handelt. Dabei ist es eine ernsthafte Krankheit – eine, die sich nicht einfach mit einem Urlaub oder einem „Lach doch mal!“ heilen lässt.

Dabei sind Menschen mit Depressionen keineswegs schwach. Sie verbergen hinter ihrer Fassade ihre Leiden und inneren Kämpfe. Sie gehen zur Arbeit, bringen die Kinder zur Schule, feiern Geburtstage, während ihnen Antrieb und Energie fehlen. Während die Krankheit ihnen einredet, sie seien wertlos, allein und ohne Hoffnung. Dass es vielleicht besser sei, nicht mehr zu existieren. Wer das durchmacht, ist nicht schwach. Er ist stark.

Deshalb verdient Wolfgang Grupp unseren Respekt. Nicht nur für sein Lebenswerk, das auch. Aber jetzt viel mehr für seinen Mut, in einem Moment großer Verletzlichkeit seine Krankheit öffentlich zu machen und sich helfen zu lassen. „Meine Bitte an alle, die an Depressionen leiden: Suchen Sie sich professionelle Hilfe und begeben Sie sich in Behandlung.“

Es ist natürlich leicht, sich zu fragen, warum Grupp dann den Suizidversuch unternommen hat, statt sich zuerst Hilfe zu suchen. Vielleicht war er schon in Therapie, wir wissen es nicht. Doch für Betroffene, die sich in einer ausweglosen und hoffnungslosen Lage sehen, ist es oft schwer, Unterstützung zu suchen. Glauben Sie mir, ich spreche da auch aus Erfahrung.

Umso wichtiger ist es daher, dass wir alle unsere Augen und Ohren öffnen. Fragen wir unsere Mitmenschen, unsere Freunde und Familienmitglieder, wie es ihnen wirklich geht – nicht nur, wenn wir das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt. Manchmal kann ein einfaches „Wie geht es dir wirklich?“ ein Leben retten.

Wenn Sie oder ein Angehöriger Rat und Hilfe suchen, liefert die Internetseite der Deutschen Depressionshilfe hilfreiche Informationen sowie Anlaufstellen und Telefonnummern. Sie sind nicht allein!

Tod eines Extremsportlers

Es ist jetzt schwierig, von einem traurigen Thema zum nächsten zu gehen. Doch die Nachricht vom tödlichen Unfall des ehemaligen Extremsportlers Felix Baumgartner hat viele erschüttert. Der Österreicher stürzte mit seinem Schirm aus noch ungeklärter Ursache in Italien beim Paragliding auf das Gelände eines Hotels.

Baumgartner wurde weltberühmt, als er 2012 als erster Mensch aus 39 Kilometern Höhe aus der Stratosphäre hinunter auf die Erde sprang und dabei gleich mehrere Weltrekorde brach. Millionen Menschen klebten an den Bildschirmen und sahen zu, wie er mit mehr als 1300 Stundenkilometern auf die Erde zuraste.

Das Fliegen war schon seit seiner Kindheit Baumgartners große Leidenschaft. „Ich fühle mich in der Luft zu Hause – so wie Seeleute auf See oder Bergsteiger in den Bergen“, sagte er gern. Oder: „Manchmal muss ganz nach oben, um zu verstehen, wie klein wir wirklich sind.“

Nach seinem Rekordsprung 2012 wurde es in Sachen Extremsport ruhiger um Baumgartner. Stattdessen sorgte er mit politischen Äußerungen für Aufsehen. Er lobte den ungarischen Premierminister Viktor Orbán, sprach sich für eine „gemäßigte Diktatur“ aus und äußerte sich abwertend über Frauen.

Trotz der Kontroversen, mit denen er sich ins Abseits drängte: Felix Baumgartner lebte seine Träume. Er wagte, was sich viele nicht einmal vorstellen. Nun ist er im Alter von 56 Jahren gestorben. Einen Nachruf können Sie hier lesen:

Braucht die Koalition einen Neustart, Herr Söder?

Wir feiern heute auch ein Jubiläum. Der stern-Politik-Podcast „5-Minuten-Talk“ aus unserem Hauptstadtbüro wird heute 100 Folgen alt. Und wie der Zufall es will, gibt Bundeskanzler Friedrich Merz an diesem Freitag die traditionelle Sommer-Pressekonferenz, in der er allerlei Fragen der Hauptstadtpresse zu allerlei Themen beantworten wird.

Und für unsere 100. Folge haben wir einen ganz besonderen Gast: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Unsere stern-Politikchefs Veit Medick und Jan Rosenkranz besprechen mit dem CSU-Chef die ersten Monate der neuen Regierung:

Und sonst? Weitere Schlagzeilen

Trump will Veröffentlichung einiger Epstein-UnterlagenWeißes Haus: Donald Trump hat chronische Erkrankung der BeinvenenSlowakei gibt Widerstand gegen EU-Sanktionen gegen Russland aufKongress-Votum: USA wollen Kryptowährungen klarer regulierenSchwimmer Wellbrock holt zweites WM-Gold im Freiwasser

Das passiert am Freitag, den 18. Juli

Sommer-Pressekonferenz von Bundeskanzler Friedrich MerzEuropäisches Ministertreffen zur Migrationspolitik auf der ZugspitzeFestival Tomorrowland in Belgien beginnt

Mal was Positives

Ich gebe zu, nach diesen eher traurigen Themen im heutigen morgen|stern fällt es mir etwas schwer, eine gute Nachricht zu finden. Aber wie ich Ihnen in meinem ersten morgen|stern vor gut zwei Wochen schrieb: Wir brauchen positive Nachrichten. Es gibt so viele schlechte Nachrichten in der Welt, da tut uns ein Lichtblick gut.

Heute geht es mal nicht um Darmbakterien, sondern um das Herz. Genauer gesagt um Herzinfarkte. Diese verlieren zunehmend ihren Schrecken, wie neue Daten aus den USA zeigen. Die Sterberate bei akuten Koronarerkrankungen ist in den letzten 50 Jahren um 90 Prozent gesunken. Der Fokus verschiebt sich stattdessen auf andere Herzerkrankungen, teilte die US-amerikanische Kardiologengesellschaft American Heart Association (AHA) mit. „Während Herzkrankheiten in den USA seit über einem Jahrhundert die häufigste Todesursache sind, ist die altersbereinigte Sterberate bei Herzkrankheiten in den vergangenen 50 Jahren deutlich (minus 66 Prozent) gesunken, darunter auch die Sterberate durch Herzinfarkte um fast 90 Prozent“, schrieb die AHA anlässlich der Veröffentlichung ihrer Studie. Die Zeitung „Der Standard“ berichtete über die Ergebnisse.

Die Forscher untersuchten die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit bei Erwachsenen in den USA ab 25 Jahren zwischen 1970 und 2022. „In diesem Zeitraum waren Herzerkrankungen für fast ein Drittel aller Todesfälle (31 Prozent) verantwortlich. In dieser Zeit sank die Sterberate aufgrund von Herzerkrankungen deutlich, von 41 Prozent aller Todesfälle im Jahr 1970 auf 24 Prozent aller Todesfälle im Jahr 2022“, so die AHA.

Schnellere Diagnosen, zügiger Transport ins Krankenhaus, bessere Medikamente und Eingriffe sowie wirksamere Prävention und Nachsorge haben diesen Wandel ermöglicht. Gleichzeitig stieg jedoch die altersbereinigte Sterberate bei anderen Herzerkrankungen, etwa Herzrhythmusstörungen, im selben Zeitraum um 81 Prozent.

Wie hat er Ihnen dieser morgen|stern gefallen? Schreiben Sie es mir gerne: [email protected]

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins Wochenende! Herzlich, Ihr
Rune Weichert

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