Big Tech: Chatbots sollen Trump positiver bewerten – Staatsanwalt macht Druck auf KI-Firmen

  • Juli 21, 2025

Beliebte Chatbots wie ChatGPT sollen Donald Trump als schlechtesten der letzten fünf US-Präsidenten bewertet haben, wenn es um Antisemitismus geht. Jetzt sollen die Unternehmen „alle Dokumente“ übergeben, die diese Ergebnisse erklären.

Andrew Bailey, republikanischer Generalstaatsanwalt vom US-Bundesstaat Missouri, verschickte am 9. Juli vier Briefe, persönlich adressiert an Sundar Pichai, Sam Altman, Mark Zuckerberg und Staya Nadella – die CEOs von Google, OpenAI, Meta und Microsoft. Der Vorwurf darin: Die KI-Chatbots der Unternehmen – Gemini, ChatGPT, MetaAI und Copilot – würden Fakten verzerren, und zwar so sehr, dass er, Andrew Bailey, prüfen müsse, ob er die Bürger Missouris davor schützen muss.

Staatsanwalt fordert „alle Dokumente“, die ChatGPT & Co. benutzen

In diesen Briefen und in einer Pressemitteilung wirft Bailey den Techunternehmen vor, voreingenommen gegenüber US-Präsident Donald Trump zu sein. Bei der Aufgabe „Ordnen Sie die letzten fünf Präsidenten vom besten bis zum schlechtesten, insbesondere im Hinblick auf Antisemitismus“ hätten drei von sechs Chatbots Donald Trump auf den letzten Platz gesetzt. In seinen Briefen schreibt Andrew Bailey, dass er diese Antworten der Chatbots nicht verstehe und für falsch halte. Unter anderem fordert Bailey von den Techunternehmen „alle Dokumente“, die erklären, wie die Chatbots zu ihren Antworten gekommen sind.

In den Briefen steckt aber noch mehr: Bailey erinnert auch daran, wie sein Büro seit dem Jahr 2022 gegen die Fact-Checking-Programme der großen Social-Media-Unternehmen vorgegangen sei. Aus Baileys Formulierungen geht hervor, dass er die Faktencheck- Programme für eine Form der Zensur hält, hinter der er die damalige Biden-Administration vermutet. 

Damals warfen Republikaner den großen Techkonzernen vor, ihre Faktencheck-Programme in Social-Media würden Konservative und Republikaner benachteiligen. So schreibt Bailey in seinen Briefen, die Biden-Administration hätte die großen Techunternehmen dazu gebracht, „gesetzeswidrige Unterdrückung freier Rede“ in Form von Faktenchecks umzusetzen. Kurz vor dem erneuten Amtsantritt Trumps im Januar 2025 stellte zum Beispiel Meta dann auch eben jenes bei Republikanern unbeliebte Factchecking-Programm ein. Einen Blogbeitrag zu dem Thema überschrieb Meta mit dem Titel: „More Speech and Fewer Mistakes„. Mit den Untersuchungen zu Chatbots scheinen Republikaner wie Staatsanwalt Bailey jetzt allerdings genau das zu tun, was sie der Biden-Administration damals vorwarfen: freie Rede zu unterdrücken. Nur, dass es jetzt eben um Chatbots geht.

Von Beobachtern der KI- und Social-Media-Unternehmen wird Baileys Brief als Startschuss einer neuen Kampagne interpretiert. So überschrieb das Techmagazin „The Verge“ einen Artikel zu dem Thema mit der Zeile: „Der Generalstaatsanwalt von Missouri versucht kaum, so zu tun, als handele es sich hier nicht um Zensur.“ Auch Beobachter Casey Newton schriebt in seinem Big-Tech-Newsletter „Platformer“: „Die konservative Kampagne gegen soziale Netzwerke war überaus erfolgreich – jetzt wendet sie sich gegen KI.“

Die zweite Kampagne, um Big Tech auf Linie zu bringen

Was die Beobachter darin sehen: Während der ersten Trump-Präsidentschaft bauten Konservative aus Trumps Lager die Techkonzerne als Feindbilder auf. Ihr Vorwurf: Die Regeln der Plattformen und ihr Vorgehen gegen Desinformation würden vor allem Republikaner benachteiligen. Dabei wurden Tech-CEOs zu teils absurden Anhörungen vorgeladen, in denen es darum ging, warum bei bestimmten konservativen Video-Bloggern der von Facebook weitergeleitete Traffic nachließ. Studien aus der Zeit zeigen, dass in der Regel das Gegenteil der Fall war: Rechtsgerichtete Seiten schienen ohnehin besser auf Facebook abzuschneiden als linksgerichtete. Ein paar Jahre später lässt sich sagen: Die konservative Kampagne gegen Social-Media-Plattformen war überaus erfolgreich. Meta beendete das eigene Fact-Checking-Programm auf Facebook, Instagram und Threads kurz bevor Trump das zweite Mal vereidigt wurde. Auch Youtube lockerte kürzlich die eigenen Regeln zur Moderation von Videos, wie die „New York Times“ berichtete.

Seit sich ankündigt, dass KI-Chatbots die großen Meinungsmacher der Stunde sind, scheint sich auch die Kampagne der Republikaner anzupassen: So verschickte Republikaner Jim Jordan, der Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, schon im März 2025 Vorladungen an 16 Techunternehmen: Sie sollten ihre Kommunikation mit der Biden-Administration offenlegen. Er wolle prüfen, inwieweit Ex-Präsident Joe Biden KI-Unternehmen „zensieren“ wollte.

Politischer Druck: Jawboning

Was die Kampagnen und Briefe der Republikaner an die Techfirmen dabei gemeinsam haben: Sie produzieren politischen Druck auf die Plattformen. Vor allem Andrew Baileys Aufforderung „alle Dokumente“ herauszugeben, die erklären, warum Chatbots so antworten, wie sie antworten, dürfte mehr oder weniger unmöglich zu erfüllen sein. Denn: Die aktuellen großen Sprachmodelle (Englisch: Large Language Models) wie ChatGPT basieren auf einer gigantischen Menge Daten und Parametern – selbst für ihre Entwickler dürfte schwer sein zu erklären, wie eine bestimmte Antwort zustande gekommen ist. KI, wie wir sie kennen, ist weitestgehend eine Black Box. Aktuelle Sprachmodelle spucken überdies wegen sogenanntem „random sampling“ in der Regel unterschiedliche Antworten aus, auch wenn die gleiche Frage mehrfach gestellt wird.

Was bleibt, ist der politische Druck, sogenanntes Jawboning. Die Informationsanfragen von Bailey, so schreibt Journalist Casey Newton, könnten E-Mails oder Dokumente zutage fördern, mit denen sich weiter Druck auf die Techunternehmen oder bestimmte Angestellte ausüben ließe. Denn: Auch wenn Entwickler oft nicht verstehen, was genau in ihren Modellen vorgeht, scheinen die Ergebnisse im Schnitt veränderbar zu sein. So kam eine aktuelle Studie zu dem Ergebnis, dass unterschiedliche ChatGPT-Versionen über die Zeit auf dem politischen Spektrum nach rechts zu rücken scheinen.

US-Konservative sind offenbar nicht die einzigen, die die steigende politische Relevanz von Chatbots erkannt haben und darauf Einfluss nehmen wollen. Laut zwei Berichten der Analysefirma Newsguard und der gemeinnützigen Organisation ASP soll eine russische Kampagne im Jahr 2024 über drei Millionen Propagandaartikel produziert haben – mit der Idee, damit die Trainingsdaten und damit die Antworten von ChatGPT und andern Modellen im Sinne des Kremls zu beeinflussen.

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