
Deutlich nach oben geht die Zahl der Gründungen von Menschen aus Nicht-EU-Staaten. Nachholbedarf sehen die IHKs in Rheinland-Pfalz beim Thema Start-ups.
In Rheinland-Pfalz wird der Anteil weiblicher und nicht-deutscher Unternehmensgründer größer. Außerdem zeigen sich beim Gründungsgeschehen regionale Unterschiede, und bei Gründungen von Start-ups sehen die Industrie- und Handwerkskammern (IHK) im Land Nachholbedarf.
Insgesamt verzeichneten die IHKs und Handwerkskammern im vergangenen Jahr rund 34.500 Gewerbean- sowie knapp 32.000 -abmeldungen, die Zahlen bewegten sich in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. 10.501 Frauen wagten 2024 den Schritt in die Selbstständigkeit (Vorjahr 10.490) und damit so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Der Frauenanteil an Gründern lag damit bei 33,4 Prozent, das bescherte Rheinland-Pfalz im Ranking der Bundesländer einen Platz im oberen Drittel.
Knapp 20 Prozent der Gründer aus dem Jahr 2024 hatten eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit. Deutlich nach oben – und zwar um rund zehn Prozent – ging es bei Gründern aus Nicht-EU-Ländern, die nun auf elf Prozent aller Gründungen kommen. Die Top-3-Länder seien die Türkei, Syrien und die Ukraine, erläuterte Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft in Rheinland-Pfalz.
Arbeitsmarkt in Luxemburg wirkt in die Region Trier rein
Unterdurchschnittlich ist das Gründungsgeschehen den Kammern zufolge im Raum Trier. Hier mache sich die Attraktivität des Arbeitsmarkts in Luxemburg bemerkbar, erklärte Rössel. Unter den Städten ganz vorn liegen den Angaben zufolge Kaiserslautern, Zweibrücken und Speyer, unter den Kreisen rangieren Cochem-Zell, Birkenfeld und Mainz-Bingen ganz vorn.
Die Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen, Anja Obermann, sagte, im Handwerk seien die Hürden für Gründungen höher, in zulassungspflichtigen Berufen seien sie an den Meistertitel geknüpft. Aktuell zeige sich eine leichte Bewegung hin zu mehr Gründungen in zulassungsfreien Bereichen.
Start-ups fehlt es an Wagniskapital
65 Startup-Gründungen wurden im vergangenen Jahr gezählt, das brachte Rheinland-Pfalz unter den Bundesländern lediglich Platz zehn ein, hinter traditionellen Start-up-Hochburgen wie Berlin und Bayern mit dem Hotspot München, aber auch beispielsweise hinter Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Probleme gebe es bei sogenannten Anschlussfinanzierungen, wenn also Start-ups ein gewisses Wachstum erreicht hätten. Es fehlt nach Erfahrung der IHKs an Wagnis- oder Risikokapital, sogenanntem Venture Capital. Ohnehin konzentriere sich die Start-up-Szene sehr stark auf Ballungszentren.
Ein weiteres Manko: 68 Prozent der Gründer empfinden einer Umfrage zufolge Bürokratie als größte Bürde im Gründungsprozess. Dringend brauche es beispielsweise mehr Digitalisierung in der Verwaltung. Christian Borchert, ein aus Ingelheim kommender Gründer mehrerer Firmen im In- und Ausland, kritisierte hohe Hürden bei öffentlichen Ausschreibungen, das sei nicht start-up-freundlich. Er habe Erfahrungen in Singapur gesammelt, dort könne es nach Entrichtung eines minimalen Betrages einfach losgehen. Hierzulande wollten gleich das Gewerbeamt, die IHK oder der Beitragsservice Geld.