
Zwei Thüringer SPD-Landräte wollen Flüchtlingen und Migranten aus Nicht-EU-Ländern Sozialleistungen nur noch als Darlehen ausgeben. Aus der Bundes-CDU gibt es Zustimmung. Grüne und Linke sind empört.
Mit ihrer Forderung, Asylbewerbern und Ausländern aus Nicht-EU-Staaten Sozialleistungen nur noch als Darlehen zu gewähren, haben zwei Thüringer SPD-Landräte geteilte Reaktionen ausgelöst. „Der Vorschlag ist eine Zwangsverschuldung der Ärmsten der Gesellschaft, die auch noch als Kollektivschuld in eine gesamte Familie hineinwirken soll“, sagte der Thüringer Grünen-Landessprecher Luis Schäfer. Das habe mit Sozialleistungen nichts mehr zu tun. CDU-Bundesvorstandmitglied Philipp Amthor bezeichnete die Idee dagegen als prüfenswert.
Anreiz für schnelles Zurückzahlen
Der Vorstoß, dass volljährige anerkannte Flüchtlinge und Ausländer aus Nicht-EU-Ländern Sozialleistungen künftig als Darlehen erhalten sollen, kommt von Sozialdemokraten. „Wer in unser Land kommt und hier bisher nichts eingezahlt hat, darf Sozialleistungen nur noch als zinsloses Darlehen bekommen“, sagte der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD) dem Magazin „Stern“.
Funktionieren soll das nach seinen Vorstellungen ähnlich wie beim Bafög für Studierende: Wer rasch eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehme, müsste nur einen Teil der empfangenen Leistungen zurückzahlen, so Jendricke. Zudem sollten bei raschen Rückzahlungen Abschläge gewährt werden.
Bonus bei erfolgreichem Schulabschluss von Kindern
Flüchtlingen könne das Darlehen zur Hälfte erlassen werden, wenn sie innerhalb eines Jahres in Arbeit wechselten und eine Sprachprüfung absolvierten. „Auch der erfolgreiche Schulabschluss von Kindern könnte mit einem Rückzahlungsbonus für die Eltern belohnt werden“, so der SPD-Politiker.
Der Landrat des Kreises Saalfeld-Rudolstadt, Marko Wolfram (SPD), unterstützte die Idee. Es gehe darum, Migranten zur raschen Arbeitsaufnahme zu motivieren, sagte er dem „Stern“. „Damit würde ein positiver Anreiz entstehen, sich zügig zu integrieren“, argumentierte er. Gleichzeitig wirke man auch einer Neiddebatte gegenüber Migranten entgegen.
CDU-Vorstandsmitglied Amthor findet Grundgedanken interessant
CDU-Politiker Amthor zeigte sich offen für die Idee der SPD-Landräte: „Ich finde, diese Idee hat ja einen gewissen Charme, denn sie zahlt ja ein auf ein gerechteres Verständnis“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Digitalministerium im Nachrichtensender Welt TV. Natürlich werfe der Vorschlag eine Reihe juristischer Fragen auf. „Aber den Grundgedanken, den finde ich interessant. Nämlich zu sagen, der Fokus liegt nicht darauf, nur Leistungen zu verteilen der Gemeinschaft, sondern Anreize zu schaffen für Integration und Arbeit.“
Zustimmung kam auch vom Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU, Wolfgang Steiger. „Es ist bezeichnend, dass derart vernünftige Vorschläge in der Migrations- und Arbeitsmarktpolitik aus SPD-Kreisen nur auf kommunaler Ebene kommen – und zwar von Politikern, die die Lebensrealität vor Ort tatsächlich eins zu eins mitbekommen.“
Linke warnt vor Schuldenfalle
Die Thüringer Linke-Fraktion kritisierte die Vorschläge scharf. „Wer Geflüchteten das Existenzminimum nur noch als Schulden zugestehen will, handelt nicht sozial, sondern schäbig und folgt der rassistischen Stimmungsmache der AfD“, erklärte die migrationspolitische Sprecherin Katharina König-Preuss. Sie sieht in einer solchen Regelung einen Angriff auf Grundrechte. „Das Grundgesetz garantiert allen Menschen in Deutschland unabhängig von Herkunft oder Beitragszahlungen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum“, erklärte sie.
Zudem warnte sie vor einer Schuldenfalle für die Betroffenen. „Viele Geflüchtete dürfen nach ihrer Ankunft in Deutschland rechtlich gar nicht arbeiten, weil ihnen monatelang oder sogar jahrelang eine Arbeitserlaubnis verweigert wird“, so König-Preuss. Der Vorschlag sei daher absurd.