Kaufverhalten: Wie Verbraucher mit „Beratungsklau“ lokale Händler treffen

  • August 17, 2025

Wenn Verbraucher sich vor Ort beraten lassen und am Ende online kaufen, ist das für Händler ärgerlich. Ein Geschäft in Karlsruhe will darauf aufmerksam machen. Wie groß ist das Problem?

Wer bei Petar Punjek einen Laufschuh kaufen möchte, der sollte besser Zeit mitbringen. Fußabdruck, Mobilitätscheck, Laufanalyse anhand einer Videoaufzeichnung. Ein paar Fragen zwischendurch. Erst dann werden Schuhe anprobiert, sagt Punjek.

Punjek ist Filialleiter eines Laufsportfachgeschäfts in der Karlsruher Innenstadt. In die Beratung der potenziellen Kundinnen und Kunden investiert er viel Zeit. Mindestens 30 Minuten, eher länger, sagt Punjek. Sein Wissen gebe der Hobbyläufer gerne weiter. Doch eine Sache ärgert den 51-Jährigen. Wenn sich Menschen bei ihm beraten lassen und dann woanders online die Schuhe einkaufen. 

In der Handelsbranche ist dieses Verhalten nicht neu. Das Phänomen wird als „Beratungsklau“ bezeichnet. Etwa jeder dritte Verbraucher in Deutschland hat sich schon einmal im stationären Handel beraten lassen und anschließend das entsprechende Produkt nach einem Preisvergleich online gekauft. Das geht aus einer repräsentativen, online durchgeführten YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor.

„Gute Beratung hat ihren Wert“ 

Händler Punjek sagt, die Fälle hätten sich in den letzten Monaten gehäuft. Er habe deshalb neben der Eingangstür des Ladens ein Plakat aufgehängt. „Gute Beratung hat ihren Wert“, heißt es darauf. Und: „Leider beobachten wir immer öfter, dass Kundinnen und Kunden nach einer ausführlichen Beratung Fotos machen und die Schuhe dann online bestellen.“ Zwar seien Preisvergleiche heute selbstverständlich, aber wenn alle nur noch online kauften, gebe es bald keine Fachgeschäfte mehr. Auf dem Plakat ist auch ein durchgestrichener Fotoapparat zu sehen.

Dem Handelsverband Deutschland (HDE) liegen zum Beratungsklau keine Daten über die letzten Jahre vor, teilt Hauptgeschäftsführer Stefan Genth mit. „Wenn ich als stationärer Händler viel Geld in die Ladenmiete und in kompetentes Personal investiere, dann ist es natürlich sehr schmerzhaft, wenn die Kunden nur die Beratung abgreifen und dann bei anderen Anbietern online shoppen gehen“, sagt Genth. 

HDE: Kunden entscheiden selbst, wo sie einkaufen wollen

So groß der Schmerz aber auch in jedem Einzelfall sei, komme das umgekehrte Phänomen häufiger vor, so Genth. Die Kunden informierten sich online und kauften dann vor Ort. „Die Kunden entscheiden selbst, wo sie sich informieren und wo sie einkaufen wollen“, sagt Genth. Das sei die Grundlage des freien und fairen Wettbewerbs. Gute Angebote gebe es nicht nur im Internet, sondern auch in den Geschäften vor Ort. 

Viele Händler sind laut Genth längst selbst auf allen Kanälen unterwegs. Es gehe darum, den Kunden online und in den Geschäften vor Ort guten Service zu bieten. Am besten in einer intelligenten Verknüpfung aus Online- und Offline-Welt. „Wenn Kunden abwandern, gilt es, sie von sich zu überzeugen und zurückzugewinnen“, so der HDE-Hauptgeschäftsführer. 

Was Kunden neben dem Preis wichtig ist

Das Internet sorge für eine enorm hohe Preistransparenz und eine ständige Vergleichbarkeit. „Das setzt die Handelsunternehmen unter Druck“, sagt Genth. Nicht immer sei aber allein der Preis entscheidend. Viele Kunden gewichteten auch die Produktqualität, den Service und die Beratung sehr hoch.

Laut YouGov-Umfrage sehen es Menschen in Deutschland auch eher kritisch, im stationären Handel eine Beratung in Anspruch zu nehmen und das entsprechende Produkt dann online zu kaufen. Fast die Hälfte der Befragten lehnt ein solches Verhalten voll und ganz (21 Prozent) oder eher ab (25 Prozent). Voll und ganz befürworten es hingegen fünf Prozent der Befragten, neun Prozent befürworten es eher. Unschlüssig (Antwort: „teils / teils“) waren 34 Prozent.

Wirtschaftlich lasse sich der Schaden für sein Geschäft schwer messen, sagt Punjek. Er gehe von etwa zehn Prozent der Kunden aus, die sich beraten lassen und mit Wissen versorgen, dann aber nicht bei ihm kaufen. „Meine Zeit ist extrem kostbar“, sagt Punjek. Der aktuelle Hinweis solle sensibilisieren und nicht abschrecken. Das habe auch funktioniert, sagt Punjek. Von den Menschen würde er sich wünschen, dass sie mit offenen Karten spielen, sagt er. Letztendlich habe das mit Moral zu tun.

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