
Während rund 50 Anhänger einer rechtsextremen Kleinstpartei in Spremberg aufmarschierten, stellten sich fast doppelt so viele Menschen mit bunten Plakaten dagegen. Hintergrund ist ein Brief.
Rund einen Monat nach dem Brandbrief der Bürgermeisterin von Spremberg gegen Rechtsextremismus hat die Lausitzer Stadt wieder Aufmerksamkeit erregt. Knapp 100 Menschen demonstrierten am Samstag nach einem Aufruf des Bündnisses Unteilbar Spremberg gegen eine Versammlung der rechtsextremen Kleinstpartei „Dritter Weg“.
„Aktuell erleben wir, wie Neonazis und Faschisten ihre völkischen Fantasien in unsere Stadt tragen und vor allem junge Menschen vereinnahmen wollen“, sagte Bündnisleiterin Bianca Broda der Nachrichtenagentur dpa. „Wir stellen uns dem heute entschieden entgegen.“
Zur Versammlung des „Dritten Wegs“ – deutlich erkennbar durch Schilder und Banner – kamen einem dpa-Reporter zufolge knapp 50 Menschen. Auch bei der Gegendemo waren Plakate im Einsatz. Auf den bunten Pappen stand etwa „Vielfalt statt Einfalt“ oder „Aufstehen, Hinsehen, Nazis im Weg stehen“. Die Botschaft laut Broda: „In Spremberg war und ist kein Platz für Rechtsextreme.“
Anwohner soll Hitlergruß gezeigt haben
Beide Versammlungen fanden an einem zentralen Verkehrspunkt in der Stadt statt. Broda berichtete von vielen Sympathisanten, aber auch von einigen, die im Vorbeifahren den Daumen nach unten oder den Mittelfinger gezeigt hätten. „Es wurde wirklich das breite Meinungsbild der Stadt sichtbar.“
Angaben der Polizei zufolge gab es keine Auseinandersetzungen, die Demos verliefen lautstark, aber getrennt voneinander. Die Beamten ermitteln nach einer Anzeige, nach der ein Anwohner einen Hitlergruß gezeigt haben soll.
Nach Brandbrief
Hintergrund ist ein Brandbrief zum Erstarken des Rechtsextremismus, mit dem die Bürgermeisterin der Kleinstadt, Christine Herntier, vor etwa vier Wochen bundesweit Aufmerksamkeit erregt hatte. In dem öffentlichen Brief an die Bürger führte sie unter anderem eine Flut von Schmierereien, verfassungsfeindlichen Symbolen, Verherrlichung des Nationalsozialismus und Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden auf. „Wir reden nicht darüber! Das ist doch schlimm!“, hatte sie im Amtsblatt der Kleinstadt geschrieben.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich infolgedessen hinter die parteilose Rathauschefin. „Es ist richtig und mutig, dass Christine Herntier in so offener Art und Weise die rechtsextremistischen Umtriebe in ihrer Heimatstadt thematisiert“, sagte Woidke nach Erscheinen des Briefes. „Das Problem ist aber größer als Spremberg, es ist ein Problem unserer Gesellschaft in ganz Brandenburg und in ganz Deutschland.“
Bürgermeisterin sieht „erneuten Angriff“
Bürgermeisterin Herntier war bei der Gegendemonstration dabei, für sie eine „Selbstverständlichkeit“, wie sie der dpa vor Ort sagte. Sie ergänzte: „Ich sehe das ja auch als erneuten Angriff auf die Stadt Spremberg und da gehört es sich auch als Bürgermeisterin, dass man da Flagge zeigt.“
Früheren Aussagen von Herntier zufolge hätten Rechtsextreme sich Spremberg gezielt ausgesucht und würden die Stadt „dermaßen“ mit ihren Inhalten überziehen. Es gebe Hinweise darauf, warum gerade diese Stadt das Ziel der Rechtsextremen sei, hatte Herntier gesagt. Weiter wollte sie darauf jedoch mit Verweis auf Verfassungsschutzinformationen nicht eingehen.