
Julia Klöckners No-Go-Aussage, Zweifel an Putins Friedenswillen, eine Umfrage zum Social-Media-Verbot und ein verlorener Sohn der norwegischen Königsfamilie. Das ist heute wichtig.
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
schon bevor Julia Klöckner sich anschickte, das zweithöchste Amt im Staat zu bekleiden, gab es Zweifel daran, ob sie die Richtige für diese Rolle sei. Schließlich war die CDU-Politikerin in der vorherigen Legislatur, damals noch in der Opposition, nicht gerade mit ihrem überparteilichen Wesen, sondern eher damit aufgefallen, die Regierung in scharfen Tönen durchaus erfolgreich vor sich herzutreiben.
Seit ihrem Amtsantritt als Bundestagspräsidentin sorgte die ehemalige Weinkönigin schon für einige Aufmerksamkeit, und das nicht nur, weil kürzlich bekannt wurde, dass sie und der TV-Moderator Jörg Pilawa ein Paar sind. Da war ihre eher unglückliche Figur im Management der missglückten Kanzlerwahl im ersten Durchgang und ihre Kritik an einem angeblich übertriebenen politischen Engagement der Kirchen. Die Grünen warfen ihr außerdem vor, in der Maskenaffäre parteiisch zu agieren.
Julia Klöckner müsste einen wichtigen Unterschied erkennen
Doch man kann es auch positiv drehen, sie setzt eigene Akzente. In den Bundestagssitzungen macht sie mit durchgreifenden Ansagen auf sich aufmerksam. Und ihre Entscheidung, zum Christopher Street Day anders als ihre SPD-Vorgängerin keine Regenbogenflaggen mehr zu hissen, muss man nicht als Skandal begreifen – schließlich wird diese ohnehin im Mai, zum internationalen Tag gegen Homo- und Transfeindlichkeit, gehisst.
Nun allerdings hat sich Klöckner tatsächlich einen schweren Fehler geleistet, von dem man nur hoffen kann, dass er aus Unkenntnis und nicht aus Überzeugung geschehen ist. Ihr Auftritt bei einem CDU-Sommerfest in Koblenz sorgte ohnehin schon für Kritik, da es auf dem Firmengelände des Unternehmers Frank Gotthardt stattfand, ein großer Geldgeber des rechtspopulistischen Onlineportals „Nius“. In ihrer Rede dann setzte sie Berichten zweier Journalisten zufolge die „taz“ und „Nius“ gleich, diese seien sich in den Methoden „nicht unähnlich“.
Das ist offensichtlicher Unsinn. Während die links zu verortende „taz“ den Anspruch verfolgt, journalistische Ansprüche hochzuhalten, macht das Portal des früheren „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt immer wieder mit Kampagnen und verzerrenden Darstellungen auf sich aufmerksam. Das Portal überschreite bewusst Grenzen und nutze Methoden der Desinformation, sagte der Politikwissenschaftler Markus Linden bereits im vergangenen Jahr.
Qua Funktion wäre es Klöckners Aufgabe, ein solches Rechtsaußenmedium nicht auch noch aufzuwerten – sondern zu verstehen, welch schädigende Rolle es für die Demokratie einnimmt. Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, wie wirkmächtig solche Portale darin sein können, sinnvolle Debatten zu verunmöglichen und auch, wie Parteien am extremen rechten Rand davon profitieren können. Von einer Bundestagspräsidentin muss man erwarten können, dass sie das erkennt.
Nach dem Ukraine-Gipfel: Bitte nicht euphorisch werden
Wer wünscht es sich nicht, dass dieser unsägliche, schreckliche Krieg Russlands gegen die Ukraine endlich endet? Nach mehr als drei Jahren seit Putins Vollinvasion des Nachbarlandes könnte man den Eindruck bekommen, dass sich etwas tut – auch weil US-Präsident Trump so vehement darauf drängt. In der vergangenen Woche traf er den Kremlherrscher in Alaska, am Montag nun war der ukrainische Präsident Selenskyj im Weißen Haus zu Gast, gemeinsam mit einigen europäischen Staats- und Regierungschefs und Nato-Generalsekretär Rutte.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz war dabei. Im Anschluss an die Gespräche zeigte er sich zufrieden, seine Erwartungen seien „eigentlich übertroffen“ worden, sagte er. In Kürze solle es zu einem Treffen zwischen Selenskyj und Putin kommen, stellten sowohl Merz als auch Trump in Aussicht. Zugegeben, das ist schonmal besser als ein Eklat, zu dem es kam, als Selenskyj zuvor im Weißen Haus gewesen war. Damals wurde der ukrainische Präsident von Trump vor laufenden Kameras scharf angegriffen.
Die Europäer wollen nun gemeinsam mit den USA Sicherheitsgarantien für die Ukraine ausarbeiten, heißt es aus deutschen Regierungskreisen. Ich bin heute trotzdem eher beim französischen Präsidenten. Er habe die „größten Zweifel“ daran, dass Putin wirklich Frieden wolle, sagte er nach dem Treffen im Weißen Haus. Dann helfen am Ende natürlich auch alle Gespräche nichts.
Der bekannte ukrainische Journalist Illia Ponomarenko spricht sogar von „sinnlosen Ritualtänzen“ bilateraler und trilateraler Treffen und Fristen. Diese würden sich endlos hinziehen, prognostiziert er – während nichts unternommen werde, um Russland tatsächlich zu zwingen, den Krieg zu beenden. „Putin könnte damit nicht glücklicher sein.“
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Ein Social-Media-Verbot hilft auch nicht weiter
Gut gemeint führt am Ende doch nicht immer zum Ziel: Unsere stern-Umfrage hat ergeben, dass eine knappe Mehrheit dafür ist, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu sozialen Medien zu verbieten. Besonders hoch ist der Anteil der Verbotsbefürworter demnach unter Eltern und Älteren. Ich bin da skeptisch, aber ich habe auch kein Kind und bin auch noch nicht so alt.
Unbestritten findet sich auf allen möglichen Plattformen, sei es Instagram, X, oder Tiktok, auch jede Menge Dreck, von Desinformation, über Hass und Dummheit ist alles dabei. Untersuchungen zeigen immer wieder, dass gerade bei Jugendlichen eine intensive Nutzung zu Angstsymptomen, Aufmerksamkeitsstörungen oder Schlafproblemen führen kann.
Trotzdem kann ein Verbot, das sich meist auch umgehen lässt, nicht die Lösung sein. Muss es nicht darum gehen, sich in der Schule mit einem verantwortungsvollen Gebrauch auseinanderzusetzen? Ist es nicht auch Aufgabe der Eltern, ihre Kinder in der Hinsicht zu stärken?
Die Aufgabe der Politik sollte dann statt bei einem Verbot eher darin liegen, die Betreiber der Plattformen endlich spürbar in die Pflicht zu nehmen. So könnten die sozialen Medien zu besseren Orten für alle werden – auch für die, die älter als 16 Jahre sind. Oder sehen Sie das anders? Schreiben Sie mir gern an [email protected].
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