
Außenpolitisch beweist Friedrich Merz, dass er Kanzler kann. Sein Auftritt in Washington war der nächste Beleg dafür. Doch jetzt muss der Mann innenpolitisch liefern.
Der Friedrich Merz, der in Deutschland auftritt, ist einer, der sich gerne ganz vorne dran stellt, der doziert und belehrt. Und der nicht selten den richtigen Ton verfehlt.
Der Friedrich Merz, der am Montagabend wieder in Washington auftrat, war einer, der sich zurücknahm, der eher am Rand stand, der zuhörte – und der aber dann, als er etwas sagte, seinen Punkt machte: keine Friedensverhandlungen ohne vorherigen Waffenstillstand.
Zumal, es war ja längst nicht bloß seine Forderung. Der deutsche Kanzler sprach im Namen der anderen Europäer, die mit am Tisch im Weißen Haus saßen. Alles war sorgfältig abgestimmt.
Führungsfigur Friedrich Merz
Es wirkt verblüffend, wie geschickt sich Merz, der nie zuvor in seinem Leben regiert hat, auf der weltpolitischen Ebene bewegt. Binnen weniger Monate hat sich dort als anerkannte Führungsfigur etabliert.
Natürlich, die Jahre im Europaparlament und die Jahrzehnte als international tätiger Manager, die Erfahrungen als Chef der Transatlantikbrücke, und ja, auch sein fortgeschrittenes Alter: Das alles nützt ihm jetzt.
Der Politikwissenschaftler Heribert Münkler sagte dem stern, dass Merz womöglich jetzt seinen „Helmut-Kohl-Moment“ erlebe, also dass er, so wie der damalige deutsche Kanzler im Jahr 1989, einen Zipfel vom Mantel der Geschichte ergreifen könne.
Wer weiß. Doch formuliert man es eine Nummer kleiner, lässt sich jetzt schon sagen: In Washington zeigte sich wieder der richtige Merz im richtigen Moment.
Im Gegensatz zu Helmut Kohl beherrscht dieser Kanzler sogar sicher Englisch. „I can’t imagine that the next meeting would take place without a ceasefire“, sagte er im Weißen Haus. „So let’s work on that, and let’s try to put pressure on Russia.“
Er könne sich kein nächstes Treffen ohne Waffenstillstand vorstellen. Der Druck auf Russland müsse erhöht werden.
Höflich, aber bestimmt: Das ist die Art der Ansprache, die Europa gegenüber diesem US-Präsidenten wählen sollte. Nicht unterwürfig, nicht trotzig, sondern souverän. Und vor allem: gemeinsam.
Doch damit, das weiß Merz, wurde bisher nur das Schlimmste verhindert. Auch nach dem Treffen im Weißen Haus ist nicht klar, was Donald Trump vorhat. Wahrscheinlich weiß er der US-Präsident selbst nicht.
Ob nun die Art der Sicherheitsgarantien, der ominöse Landtausch und ja, auch die Frage eines Waffenstillstands: All das blieb ungeklärt.
Es gibt also viel zu tun für Merz in den nächsten Tagen, zumal das, was er mitverhandeln wird, enorme innenpolitischen Auswirkungen haben dürfte. Allein die Frage, ob deutsche Soldaten in der Ukraine werden sollten, hat das Potenzial, die geschwächte Koalition zu sprengen.
Vielleicht wäre es gut, wenn der Friedrich Merz, der in Washington zu sehen war, sich häufiger in Berlin blicken ließe. Dann könnte es auch mit dem Regieren klappen.