
Das Landgericht Kassel hat einen ehemaligen Mitarbeiter der Stadt Kassel wegen der Ausstellung von mehr als hundert gekaufter Führerscheine zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Zwei Monate davon gelten wegen der langen Dauer des Verfahrens bereits als verbüßt, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch auf Anfrage. Schuldig gesprochen wurde der heute 26-Jährige wegen Bestechlichkeit in 112 Fällen.
Das Urteil wurde bereits am ersten Prozesstag verkündet. Die zuständige Kammer sah es als erwiesen an, dass der Mann zwischen Februar 2018 und Juni 2019 bei der Fahrerlaubnisstelle 112 Menschen gegen Geld Führerscheine ausstellte, obwohl diese nie eine Fahrprüfung abgelegt hatten.
Der Mann bezog andere Menschen in sein Geschäftsmodell mit ein und baute so ein Vertriebsnetz auf. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Führerscheine teilten sie unter sich auf. Zudem griff der 26-Jährige auf Vermittler zurück, die weitere zahlungsbereite Menschen anwarben und die für den Führerschein nötigen Dokumente weiterleiteten.
Diese Vermittler heuerten wiederum teilweise Untervermittler an. Pro Führerschein nahm die Bande zwischen 500 und 5000 Euro. Auch die Vermittler erhielten Geld. Insgesamt nahm der 26-Jährige durch die gekauften Führerscheine laut Urteil rund 56.500 Euro ein.
In dem Komplex wird gegen zahlreiche Menschen ermittelt. Dazu zählen nicht nur diejenigen, die die Führerscheine verkauften, sondern auch jene, die sie erwarben. In einigen Fällen gab es bereits Urteile. Seit Anfang August verhandelt das Landgericht Kassel gegen ein weiteres mutmaßliches Bandenmitglied. Ihm wird besonders schwere Bestechung in 47 Fällen und Anstiftung zur Bestechlichkeit vorgeworfen. Das Gericht setzte Verhandlungstermine bis Oktober an.