„Markus Lanz“: Die große Ratlosigkeit des Robert Habeck

  • August 28, 2025

Die Abschiedstournee von Robert Habeck wurde am Mittwochabend im ZDF fortgesetzt. Dabei verfestigt sich der Eindruck, dass der Mann tatsächlich keinen Plan hat. 

Die Sendung dauert bereits mehr als eine Stunde, es geht in die Endrunde. Robert Habeck hat viel geredet und noch mehr gehadert, mit sich, den Parteien, den Medien und dieser verdammt komplizierten Welt. Nun stellt ihm Moderator Markus Lanz eine etwas schwierigere Frage: Ob er dafür sei, deutsche Soldaten als Friedenssoldaten in die Ukraine zu entsenden?

Habeck lächelt schief, ruckelt in seinem Sessel herum und sagt: „Ich bin bald nicht mehr Mitglied des Parlaments“. Er wolle, dass „diese Debatte richtig geführt“ werde. Es sei ja „ein Dienst“, „ein Opfer“, „eine politische Ordnungsgerechtigkeitsfrage“, die ihm insbesondere als Vater von vier Söhnen eher schwerfalle. 

Eine Antwort ist das nicht. Der Mann, der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden wollte, hat offenkundig keinerlei Idee davon, wie er sich im nationalen Sicherheitsinteresse entscheiden würde. Oder er will sie nicht mitteilen.

So oder so: Wer bedauern sollte, dass Habeck dieses Land nicht regiert, sollte sich die Sendung „Markus Lanz“ vom Mittwochabend anschauen. Denn dort ist nicht ein verhinderter Kanzler zu betrachten, sondern ein offenkundig gescheiterter Politiker, der sein Urvertrauen in das politische System Deutschlands verloren zu haben scheint. Der zweifelt und verzweifelt, an sich und dem Politikbetrieb, dessen Teil er über zwei Jahrzehnte war. Der orientierungslos wirkt. Und der zumindest vorläufig aufgegeben hat. 

Mit den Strukturen, „die wir politisch haben“, ließen sich die Probleme nicht lösen, die zu lösen seien, sagt Habeck. „Ich bin gelaufen, gelaufen, gelaufen. Jetzt sage ich: Halt! Stopp!“

Der verhinderte Kanzler sitzt an diesem Abend im schwarzen Anzug und offenem weißen Hemd im Fernsehstudio, um noch einmal zu erklären, warum er demnächst sein Parlamentsmandat abgibt. In einem Instagram-Video hatte er Anfang der Woche in typischer Prosa mitgeteilt: „Manchmal muss man Türen schließen, damit neue sich öffnen.“ Er schließe jetzt eine Tür, „aber ich bin mir sicher, dass sich neue Türen öffnen werden“.

Robert Habeck will kein Gespenst sein

Dazu erschien ein Interview in der „taz„. Er wolle, sagte er, nicht als „höhnisch-zynischer Kommentator“ wie „ein Gespenst“ über die Flure laufen. „Ich will eine neue Geschichte.“

Die neue Geschichte soll vorerst aus Lehr- und Forschungsaufenthalten in Dänemark und den USA bestehen. Was danach komme, wisse er nicht, sagt Habeck am Mittwochabend. „In gewissen Sinne ist der Weg auch ausgegangen.“ Es gebe keinen Plan. Vieles sei möglich. 

Auch eine Rückkehr in die Politik? Habeck verharrt bei den erwartbaren Nachfragen im Ungefähren. Er bleibe ein „politisches Wesen“, sagt er. Jedenfalls sei das kein „taktischer Abschied“, sondern „ein klarer Cut“.

Habeck wird im September 56, er hat noch ein gutes Lebensjahrzehnt bis zur Rente mit 67. Seine politische Laufbahn begann 2004. Die Stationen: grüner Landeschef in Schleswig-Holstein, Fraktionsvorsitzender im Kieler Landtag, Landesumwelt- und Agrarminister. Dann Bundeschef der Grünen, Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler – und Kanzlerkandidat. Das ging gründlich schief. Die 11,6 Prozent, 3,1 Prozentpunkte weniger als gut drei Jahre zuvor, bedeutet für seine Partei die Rückkehr in die Opposition. Und für ihn das vorläufige Ende der Karriere.

Nun also der Mandatsverzicht. Doch warum noch einmal genau? Habeck wird in der Sendung mehrfach mit dem Umstand konfrontiert, dass ihn ja viele Menschen gewählt hätten und andere frühere Minister in Fachausschüssen des Parlaments arbeiteten. Sei das nicht der redlichere Umgang mit dem Mandat des Souveräns?

Die Frage sei „total berechtigt“, antwortet Habeck, um dann wie in der „taz“ davon zu reden, dass er für „eine bestimmte politische Idee“ gewählt worden sei. Er sei ja als „Bündniskanzler“ plakatiert worden und nicht als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. 

Robert Habeck, anders lässt sich das kaum interpretieren, sieht sich als Ausnahmeerscheinung, auf die sich die tradierten Regeln nicht anwenden lassen: Er habe erkannt, dass er das, was seine Anhänger von ihm erwarteten, nur „außerhalb des Erwartungsraums“ erreichen könne. 

Je länger Habeck redet, umso stärker wird der Eindruck, dass er genau das ist, was er nach seinem Bekunden ausdrücklich nicht sein will: gekränkt. Dazu passt, dass er in dem „taz“-Interview die CDU-Bundestagspräsidentin Julia Klöckner als „Fehlbesetzung“ bezeichnete und ihr vorwarf, die Gesellschaft zu spalten, „ob mutwillig oder aus Dämlichkeit“. Und dass er über den bayerischen CSU-Regierungschef sagte: „Dieses fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder ist ja keine Politik.“

Auf der Suche nach sich selbst

Bei „Markus Lanz“ gibt sich Habeck gemäßigter und beantwortet die unausweichlichen Nachfragen erkennbar unwillig . Zu Söder sagt er: „Dass wir uns nicht besonders schätzen, ist ja kein Geheimnis.“ Und zu Klöckner: „Es fällt ihr schwer, die Achtung vor dem Parlament zu verteidigen.“ Die von ihr ausgelöste Debatte beschädige das Amt der Bundestagspräsidentin.

Aber eigentlich will Habeck wirklich nicht mehr darüber reden. Lieber spricht er über die große „Ratlosigkeit, wie ich jetzt weitermachen soll“, in dieser Welt voller Kriegstreiber und Demokratieverächter.

Vielleicht ist es ja so, dass Robert Habeck sich ein wenig orientierungslos fühlt. Jetzt, da er nicht mehr die Grünen, ein Ministerium oder gar Deutschland führen muss, darf er wieder das tun, was er offenbar am besten kann: sich selbst suchen. Selbstverständlich sehr selbstreflektiert. Aber auch ein bisschen selbstgerecht.

  • Ähnliche Beiträge

    • August 28, 2025
    Tödliche Gefahr: Fünfte Stadt erlässt Badeverbot für den Rhein

    Im Rhein gab es in NRW bis Ende Juli schon zehn Todesfälle. Jetzt zieht Dormagen mit striktem Badeverbot nach. Welche Städte noch betroffen sind und wie streng Köln plant.

    • August 28, 2025
    Gesundheit: Kliniken beklagen Bürokratie: Weniger Zeit für Patienten

    Drei Stunden täglich verlieren Klinikteams durch Bürokratie, kritisiert die Krankenhausgesellschaft. Zumindest an einem Punkt könnte der Bund laut Gesundheitsminister Philippi schnell helfen.

    Du hast verpasst

    Tödliche Gefahr: Fünfte Stadt erlässt Badeverbot für den Rhein

    • August 28, 2025
    Tödliche Gefahr: Fünfte Stadt erlässt Badeverbot für den Rhein

    Katastrophenschutz: Über 300.000 Euro für neue Fahrzeuge für Feuerwehr Magdeburg

    • August 28, 2025
    Katastrophenschutz: Über 300.000 Euro für neue Fahrzeuge für Feuerwehr Magdeburg

    Gesundheit: Kliniken beklagen Bürokratie: Weniger Zeit für Patienten

    • August 28, 2025
    Gesundheit: Kliniken beklagen Bürokratie: Weniger Zeit für Patienten

    Umfrage: Handwerk profitiert von Digitalkompetenz der Azubis

    • August 28, 2025
    Umfrage: Handwerk profitiert von Digitalkompetenz der Azubis

    Merz will bei deutsch-französischem Ministerrat über Wirtschaft sprechen

    • August 28, 2025
    Merz will bei deutsch-französischem Ministerrat über Wirtschaft sprechen

    Unfall: Kleinkind fällt aus Fenster – Lebensgefahr

    • August 28, 2025
    Unfall: Kleinkind fällt aus Fenster – Lebensgefahr