Debatte im Landtag: Polizei-Software polarisiert: Rot-Grün gegen Palantir

  • September 12, 2025

Der Name Palantir steht für den Konflikt zwischen effizienter Polizeiarbeit und Freiheit: Während Befürworter Chancen sehen, fürchten Gegner Risiken für Datenschutz und Souveränität.

Soll die Polizei in Niedersachsen die Datenanalyse-Software des US-Anbieters Palantir nutzen? Darüber ist im Landtag ein Streit entbrannt. Die CDU drängt auf eine schnelle Einführung, Innenministerin Daniela Behrens (SPD) lehnt das Programm als „nicht beherrschbar“ ab. Rot-Grün warnt vor massiven Risiken, die AfD spricht von einer unverzichtbaren Notwendigkeit – und auch die Polizeigewerkschaften sind uneins.

André Bock von der CDU warb eindringlich für die Einführung der US-Software. Andere Bundesländer seien schon weiter, sagte er. Dort habe Palantir geholfen, Anschläge zu verhindern und Täter schneller zu fassen. „Die CDU fordert deswegen heute mit diesem Entschließungsantrag, die Analyse-Software Palantir auch für unsere Polizei einzuführen, und zwar schnellstmöglich.“ Datenschutzbedenken wies er zurück: Es gehe nicht um die Überwachung Unbeteiligter, sondern um gezielte Ermittlungen.

CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner verschärfte den Ton gegenüber der Ministerin. Sie habe bislang keine konkrete Alternative zu Palantirs Software benannt, warf er ihr vor. „Bis dahin ist unser Land leider blank“, sagte Lechner.

Von „Blackbox“ bis Überwachung

Die Grünen kritisierten den Antrag als unseriös und überflüssig, weil die Landesregierung ohnehin an einer Rechtsgrundlage für Analyse-Software arbeite. Palantir aber sei hochproblematisch: „Wer bei allem vorliegenden Wissen die Einführung von Palantir fordert, der verabschiedet sich ehrlicherweise von jeder seriösen Sicherheitsdebatte“, sagte Michael Lühmann. Er warnte vor fehlender Kontrolle und sprach von der „größten hybriden Sicherheitslücke inmitten sensibelster Daten“.

Der SPD-Abgeordnete Alexander Saade, selbst Polizist, betonte zwar den Nutzen moderner Datenanalyse, lehnte den CDU-Antrag aber ab. Die Software sei eine „Blackbox“, deren Funktionsweise niemand nachvollziehen könne. „Unsere digitale Souveränität dürfen wir nicht aufgeben, aber genau das würden wir machen, wenn wir diesem Antrag so folgen.“

AfD-Politiker Stefan Marzischewski-Drewes bezeichnete die Einführung moderner Analyse-Software als „unverzichtbare Notwendigkeit“. Sie sei nötig, um Straftaten zu verhindern. Gleichzeitig warnte er vor einem „orwellschen Überwachungsstaat mit chinesischen Verhältnissen“ und forderte eine klare Rechtsgrundlage, um Missbrauch zu verhindern.

Innenministerin setzt auf europäische Lösung

Unterdessen erteilte Innenministerin Behrens Palantirs Analyse-Software eine klare Absage. „Das System ist natürlich ein gutes System, aber es ist nicht beherrschbar, und deswegen wollen wir es in Niedersachsen und in allen anderen Bundesländern übrigens auch nicht einführen“, sagte die SPD-Politikerin. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen wird die Software bereits eingesetzt. 

Die Ministerin verwies auf Beschlüsse der Innenministerkonferenz, die alle 16 Länder einstimmig gefasst hätten. Darin sei festgehalten, dass Europa im Sicherheitsbereich unabhängiger von außereuropäischen IT-Anbietern werden müsse. Statt Palantir solle ein gemeinsames System entwickelt werden, das europäische Souveränität gewährleiste. In anderen Bundesländern werde Palantir nur übergangsweise genutzt, bis eine gemeinsame Lösung vorliege, betonte Behrens.

Was die Gewerkschaften sagen

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Niedersachsen begrüßte den CDU-Antrag. „Dass die Notwendigkeit hier besteht, ist landesweit unstrittig, lediglich der Anbieter sorgt für Kritik“, sagte der Landesvorsitzende Patrick Seegers. Wenn die volle Kontrolle über die Daten gewährleistet sei und keine Schnittstellen in die USA bestünden, sehe man keine Probleme. Auch eine europäische Lösung könne sinnvoll sein.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert eine klare Rechtsgrundlage für Analyse-Software. Solche Systeme seien für die Gefahrenabwehr unverzichtbar, müssten aber Datenschutz und digitale Souveränität sichern. Ob Palantir diese Bedingungen erfülle, sei offen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten Chancen, aber auch rechtliche Risiken. Ein Gesetz müsse sicherstellen, dass die volle Hoheit über Technik und Daten beim Land bleibt.

Palantir wehrt sich

Die Software von Palantir kann große Datenmengen auswerten und Querverbindungen sichtbar machen. Datenschützer warnen, dass dabei auch Informationen Unbeteiligter verarbeitet werden. Palantir weist die Vorwürfe zurück: Eine Übertragung oder ein Abfluss von Daten – etwa in die USA – sei technisch ausgeschlossen, hatte ein Unternehmenssprecher der Deutschen Presse-Agentur im August gesagt. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen werde die Software „ausschließlich“ auf Servern der Polizei betrieben.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) lässt den Einsatz auf Bundesebene prüfen.

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